Ministerpräsident Weil fordert Kurswechsel in der SPD

Die SPD hat erste politische Vorhaben in der großen Koalition umgesetzt, wie etwa den Mindestlohn. In den Umfragen nutzt ihr das nichts. Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner hält einen Kurswechsel dennoch für gefährlich.

Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil. (Archivfoto)

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Hannover. (dpa/Red) Wegen der schwachen Umfragewerte der SPD fordert Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil eine Kurskorrektur seiner Partei. „Ich halte die Zeit für reif, ernsthaft die Frage zu stellen: Woran liegt es, dass wir aus dem 20-Prozent-Turm nicht herauskommen?“, sagte er der „Berliner Zeitung“ am Samstag.

Die SPD müsse sich stärker in der Wirtschafts- und Bildungspolitik profilieren. Sie solle sich nicht nur für die Umverteilung, sondern auch für die Erwirtschaftung des Bruttosozialprodukts verantwortlich fühlen. Dafür erhielt Weil Zustimmung von SPD-Chef Sigmar Gabriel, zog sich aber Kritik aus der SPD-Linken zu.

Der niedersächsische Regierungschef sagte weiter, in einer alternden Gesellschaft sei es auch wichtig, „dass die junge Generation gut an den Start gehen kann“. Die SPD müsse sich stärker für frühkindliche Förderung und den Ausbau von Ganztagsschulen einsetzen. Sie müsse es zudem jungen Menschen erleichtern, Familie und Karriere miteinander zu vereinbaren.

Die von der SPD im Wahlkampf geforderte Vermögenssteuer lehnte Weil ab. Er halte sie nicht für sinnvoll, solange es kein schlüssiges Konzept gebe, das alle rechtlichen Zweifelsfragen beantworte. „Das sehe ich einstweilen nicht.“

Parteichef Gabriel unterstützte Weil in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“: „Die SPD darf sich nicht damit zufrieden geben, sozusagen fürs Soziale zuständig zu sein. Sondern - ja, wir sind immer auch für die sozialen Aufgaben im Lande da - aber die SPD muss auch die Aufgaben lösen, wie unser Standort wettbewerbsfähig bleibt.“

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner warnte bei „Spiegel Online“ vor einem Kursschwenk. „Zu zeigen, dass wir auch gute Wirtschaftspolitik machen, ist ergänzend immer richtig. Aber unser Kernprofil ist die soziale Gerechtigkeit. Es zu ersetzen, wäre die falsche Botschaft.“

Die SPD solle nicht vergessen, wie drastisch sie Wahlen und Mitglieder verloren habe, als sie zu rot-grünen Zeiten ihr Gerechtigkeitsprofil verwässert habe. „Das darf uns nicht noch mal passieren.“ In der „Berliner Zeitung“ ergänzte Stegner: „Wenn wir die Prioritäten unserer Politik zulasten der Gerechtigkeitsfragen verschieben, verlieren wir mehr als wir gewinnen.“