Mit ungarischem Charme gegen den Pflegenotstand
Fachkräfte aus dem Ausland lernen innerhalb eines EU-Projekts in Deutschland.
Karlsruhe. „Ein bisschen schüchtern ist sie schon“, findet Kleopatra Albrecht. „Aber ich habe den allerbesten Eindruck.“ Pflege-Praktikantin Dora Fekete hat der 92-Jährigen gerade den Blutdruck gemessen. Fekete ist eine von zwölf ungarischen Pflegekräften, die im Rahmen eines EU-Projektes die Arbeit in verschiedenen Karlsruher Heimen, einer Klinik und im ambulanten Pflegedienst kennenlernen.
Das sechswöchige Projekt soll jungen Pflegeschülern aus Ungarn kurz vor Ende ihrer Ausbildung einen Blick über den Tellerrand gewähren und sie mit dem deutschen Pflegesystem vertraut machen. „Auch die Möglichkeit zur Festanstellung ist definitiv angestrebt“, sagt Susanne Pletowski, Initiatorin und Vizechefin des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste.
Schon jetzt fehlen in Deutschland rund 15 000 Pflegekräfte, bis 2030 dürfte es laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung bundesweit sogar eine halbe Million sein. „Uns droht ein massiver Pflegenotstand“, warnt Pletowski. Und für die jungen Ungarn ist es eine große Chance: „Bei uns herrscht große Arbeitslosigkeit“, sagt Mariann Gerhat, Vize-Direktorin der Fachmittelschule für Gesundheitswesen im südungarischen Szekszard.
Ausländische Fachkräfte können aus Sicht des baden-württembergischen Sozialministeriums beitragen, eine angespannte Personalsituation zu lindern. Gerade bei der Pflege älterer Menschen seien aber gute Deutschkenntnisse nötig. Mehr als sieben Monate haben die jungen Ungarn daher Deutsch gebüffelt. Für den Alltag im Heim reicht es nicht immer. „Sie verstehen viel, aber reden nicht gut. Das ist das größte Problem“, meint Gerhat.
Fachlich hat Vize-Pflegedienstleiterin Daniela Mahler nichts auszusetzen. Die 20-jährige Fekete habe sich schnell integriert. Das einzige, was sie ihr beibringen mussten, war „Mensch-ärgere-Dich-nicht“. Denn auch die Unterhaltung der Senioren gehört zum Job.