Nach Hooligan-Krawall: Kritik an Sachsens Verfassungsschutz
Leipzig (dpa) - Nach dem Hooligan-Überfall im Leipziger Stadtteil Connewitz steht der sächsische Verfassungsschutz in der Kritik.
„Wie kann es sein, dass ein Mob von 250 gewaltbereiten Nazis Connewitz zerstört, ohne dass der Verfassungsschutz vor dieser rechten Gefahr warnt?“, fragte die sächsische SPD-Generalsekretärin Daniela Kolbe.
Die Grünen-Fraktion forderte den Rücktritt von Verfassungsschutz-Präsident Gordian Meyer-Plath. Das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) wies die Vorwürfe zurück: Die Polizei sei vorab gewarnt worden.
Mehr als 200 Vermummte hatten am Montagabend in Connewitz randaliert. Sie warfen mit Pflastersteinen die Schaufensterscheiben von Geschäften ein und zündeten Pyrotechnik. Fünf Beamte seien verletzt worden, sagte ein Polizeisprecher. Ein Großaufgebot setzte die Schläger, darunter laut Polizei bekannte Hooligans und Rechtsextremisten, fest. Gegen 211 Verdächtige werde wegen des Verdachts des besonders schweren Landfriedensbruchs ermittelt, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Leipzig, Ricardo Schulz.
Laut Kolbe hatten Rechtsextremisten vorher bundesweit massiv mobilisiert. Aber der Verfassungsschutz wolle davon nichts gemerkt haben, erklärte die SPD-Generalsekretärin. Der Grünen-Innenexperte Valentin Lippmann sagte, es sei nicht die erste massive Fehleinschätzung des Verfassungsschutzes.
Schon nach den autonomen Krawallen vom 12. Dezember 2015 in Leipzig hatte es Kritik am Verfassungsschutz gegeben. Damals hatte Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) gesagt, die Lageeinschätzung, die die Behörde vorab an die Stadtverwaltung gegeben habe, hätte jeder in fünf Minuten im Netz recherchieren können.
Verfassungsschutz-Sprecher Martin Döring nannte die Kritik unbegründet. Das Landesamt habe die Polizei bereits am vergangenen Freitag informiert, dass aufgrund der Mobilisierungsaufrufe „mit der Teilnahme von zahlreichen Rechtsextremisten, insbesondere aus dem subkulturellen, gewaltbereiten Milieu und der Hooligan-Szene zu rechnen“ sei. Demnach hieß es in der Lageeinschätzung, dass „auch gewaltsame — Ausschreitungen zu befürchten sind“.
Innenminister Markus Ulbig (CDU) erklärte, es sei unerträglich und beschämend zugleich, dass es nicht einmal vier Wochen nach den letzten extremistischen Ausschreitungen erneut zu derartigen Gewaltexzessen in Leipzig gekommen ist. „Fakt ist, dass der Extremismus von rechts und links insbesondere in Leipzig zunehmend ein Problem darstellt.“ Stadt, Land und Bürger müssten sich gleichermaßen um eine Deeskalation bemühen.
Zeitgleich zu den Hooligan-Krawallen hatte das fremdenfeindliche Bündnis Legida in Leipzig demonstriert. Wegen einer Rede von Pegida-Frontfrau Tatjana Festerling prüft die Staatsanwaltschaft Leipzig jetzt, ob ein Anfangsverdacht der Volksverhetzung vorliegt. Zudem wurde eine Reporterin des MDR bei der Demonstration angegriffen.