Nahles kann mit breiter Zustimmung bei Mindestlohn rechnen
Berlin (dpa) - Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) kann nach einigen Änderungen an ihrem Gesetzentwurf zum Mindestlohn mit breiter Zustimmung der schwarz-roten Koalition rechnen. Nach dem Wirtschaftsflügel der Union signalisierte auch der linke Flügel der SPD Zustimmung zu dem Kompromiss.
Dennoch könnte es bei der für Donnerstag geplanten Verabschiedung im Bundestag eine Reihe von Gegenstimmen aus dem Regierungslager geben. Die Arbeitsmarkt- und Sozialpolitiker der Koalition, Karl Schiewerling (CDU), Stephan Stracke (CSU) sowie Katja Mast (SPD), hatten zuvor letzte Details des sogenannten Tarifautonomiestärkungsgesetzes geklärt. Demzufolge wird der Mindestlohn einmal von der Politik festgelegt, und zwar mit 8,50 Euro vom 1. Januar 2015 an mit Übergangsregelungen für einzelne Branchen bis 2017. Anschließend wird er von einer Mindestlohnkommission ausgehandelt, in der Arbeitgeber und Arbeitnehmer vertreten sind. Diese wird schon 2016 das erste Mal über eine Anhebung des Mindestlohnes beraten und dann alle zwei Jahre.
Bis zuletzt strittig waren die Regelungen für Praktikanten, Saisonarbeiter und Zeitungszusteller. Nun sind Pflichtpraktika in Ausbildung oder Studium von der Mindestlohnregelung ausgenommen, freiwillige Praktika von bis zu drei Monaten fallen ebenfalls nicht unter die Mindestlohnregelung. Nach Abschluss der Ausbildung oder des Studiums gilt der Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde grundsätzlich auch für Praktikanten - es sei denn, sie wollten in einem anderen als dem bis dahin erlernten Beruf ihre beruflichen Kenntnisse vertiefen.
Für Saisonarbeiter etwa in der Landwirtschaft oder in der Gastronomie gilt der Mindestlohn von 8,50 Euro bereits ab 2015. Allerdings werden die Tage, in denen sie von der Sozialversicherungspflicht befreit sind, von 50 auf 70 ausgeweitet, befristet auf vier Jahre. Im übrigen können Kost und Logis auf den Mindestlohn angerechnet werden.
Für Zeitungszusteller wird der Mindestlohn von 8,50 Euro wie erwartet zwischen 2015 und 2017 stufenweise eingeführt. Den Angaben zufolge können die Verleger für ihre Mini-Jobber im ersten Jahr 25 Prozent unter diesem Mindestlohn zahlen, im zweiten Jahr sollen es dann nur noch 15 Prozent weniger sein. Von 2017 an gilt dann auch hier der Mindestlohn von 8,50 Euro. Sollte die Kommission in der Zeit Anhebungen des Mindestlohnes beschließen, gilt dieser neue Tarif ab 2018 auch für Zeitungszusteller.
Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte, er gehe davon aus, dass es für den Kompromiss eine breite Mehrheit geben werde. In einer Fraktionssitzung gab es laut Teilnehmerangaben elf Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen. CDU und CSU haben insgesamt 311 Abgeordnete.
„Wir haben bei einigen Punkten die Wirklichkeit in das Gesetz holen können“, sagte Kauder mit Blick auf vereinbarte Ausnahme- und Übergangsregelungen. CDU-Wirtschaftspolitiker und Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs sagte, die Mindestlohnregelung habe „diverse Ausnahmen“, so dass er der Sache zustimmen könne.
Nach dem Gesetz soll also von 2017 an jeder Arbeitnehmer mindestens 8,50 Euro pro Stunde verdienen. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung, Carsten Linnemann, verlangte, das Gesetz im Abstand von zwei Jahren zu überprüfen. Es müssten vor allem die Folgen für junge Arbeitnehmer und strukturschwache Regionen regelmäßig untersucht werden, sagte er der „Stuttgarter Zeitung“ (Dienstag).
Nach Darstellung der „Bild“-Zeitung (Dienstag) geht Nahles davon aus, dass die Umsetzung des Mindestlohngesetzes die Wirtschaft mit Kosten von 9,6 Milliarden Euro belaste. Diese Zahl habe Nahes bei einer Unterrichtung der Fachpolitiker von Union und SPD genannt. Außerdem sollen 1600 Stellen für Zollfahnder geschaffen werden, um die Einhaltung des Mindestlohns zu kontrollieren.