Nahost-Quartett macht Druck - Abbas macht Ernst
New York/Ramallah/Tel Aviv (dpa) - Das Nahost-Quartett macht Druck: Aus Sorge vor neuer Gewalt im Nahen Osten hat es Israel und die Palästinenser zur Fortsetzung ihrer Friedensgespräche binnen vier Wochen aufgefordert.
Zuvor hatten sich Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu in ihren Reden vor der UN-Vollversammlung wenig kompromissbereit gezeigt. Bundesaußenminister Guido Westerwelle sprach von einer „Verhärtung“ im Nahost-Friedensprozess. Abbas hatte außerdem trotz aller Warnungen und Drohungen einen Antrag auf Vollmitgliedschaft eines Staates Palästina bei den Vereinten Nationen eingereicht.
Der Fahrplan des Quartetts aus Vereinten Nationen, Europäischer Union, USA und Russland sieht vor, dass sich Israel und die Palästinenser gleich zu Beginn verpflichten, eine Lösung bis spätestens Ende kommenden Jahres anzustreben. Wie die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton weiter sagte, sollten binnen drei Monaten dann umfassende Vorschläge in den Fragen Grenzen und Sicherheit gemacht werden. Nach sechs Monaten solle es sichtbare Fortschritte geben, die dann auf einer internationalen Konferenz in Moskau festgeschrieben werden sollten. Im kommenden Jahr sei auch einer Geberkonferenz für die Palästinenser geplant.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CD) begrüßte die Entscheidung. „Nun sind Israel und die Palästinenser am Zug, ihre Verpflichtung zu Verhandlungen innerhalb der vereinbarten Fristen schnellstmöglich in die Tat umzusetzen und einen glaubhaften und zielorientierten Prozess zu beginnen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Der Beauftragte des Nahost-Quartetts, Großbritanniens Ex-Premier Tony Blair, sagte: „Wir brauchen eine Lösung, endlich eine Lösung. Und die beste Möglichkeit, das zu erreichen, ist sich einfach mal hinzusetzen und zu sprechen.“ Die USA seien „sehr froh, dass es einen klaren Zeitplan gibt“, sagte US-Außenministerin Hillary Clinton. „Frieden kann es nur nach Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern geben, ohne Verzug und Bedingungen.“
Abbas wie Netanjahu hatten zuvor in ihren Reden zwar der jeweils anderen Seite die Hand zum Frieden gereicht, allerdings wiederholten sie alte Positionen. Während der israelische Regierungschef neue Verhandlungen nur ohne Vorbedingungen führen will, listete Abbas eine Reihe von Forderungen auf. Israel müsse den Ausbau von Siedlungen stoppen. Außerdem seien ein klarer, zeitlich befristeter Fahrplan sowie Eckdaten für Verhandlungen notwendig. Dies wiederum hat Israel bislang abgelehnt.
Abbas hatte die Mitglieder der Vereinten Nationen aufgefordert, einen Staat Palästina als Vollmitglied aufzunehmen: „Die Zeit ist gekommen für mein tapferes und stolzes Volk, nach Jahrzehnten der Vertreibung und kolonialen Besatzung und des endlosen Leidens zu leben wie andere Völker auf der Erde, frei und einem souveränen und unabhängigen Heimatland.“
Zuvor hatte Abbas UN-Generalsekretär Ban Ki Moon den Antrag als 194. Mitglied bei den Vereinten Nationen übergeben. Nach nur drei Stunden hatte der UN-Generalsekretär diesen bereits an den Sicherheitsrat weitergereicht. Dort hat er aber derzeit keine Chance, angenommen zu werden. Die USA haben bereits ihr Veto angekündigt. Die Palästinenser sind nach zwei Jahrzehnten fruchtloser Friedensbemühungen frustriert und wollen mit dem Vorstoß neue Bewegung in Nahost bewirken.
Außenminister Guido Westerwelle warnte vor einer neuen Welle der Gewalt im Nahen Osten als Folge des palästinensischen UN-Antrages. Jede Eskalation müsse vermieden werden, sagte Westerwelle am Rande der UN-Generalversammlung. „Der Weg zum Frieden und zu einer gerechten Zwei-Staaten-Lösung führt über Verhandlungen, Deutschland bemüht sich nach Kräften, dass die EU in dieser Frage geschlossen handelt.“ Wörtlich sagte der Minister: „Entspannung, Ausgleich und Dialog sind die Pflicht der internationalen Staatengemeinschaft.“
Etwa 22 000 israelische Sicherheitskräfte seien im Einsatz, um auf mögliche Unruhen reagieren zu können, sagte Polizeisprecher Mickey Rosenfeld. Schwerpunkt seien dabei das Westjordanland und der arabische Ostteil Jerusalems. Wütende Palästinenser hatten am Vortag in Ramallah Bilder von US-Präsident Barack Obama nach dessen israelfreundlicher UN-Rede verbrannt.