Nebeneinkünfte: Steinbrücks Kehrtwende
Nach Kritik legt der Kanzlerkandidat seine Einkünfte offen und fordert schärfere Regeln im Bundestag.
Berlin. So hat sich Peer Steinbrück seine erste Woche als designierter Kanzlerkandidat der SPD sicher nicht vorgestellt. „Es soll kein langweiliger Wahlkampf sein“, hatte er am Montag nach seiner Nominierung für den Spitzenposten verkündet und zum Angriff auf die Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geblasen. Das war es dann aber auch schon mit der Anfangsoffensive für einen Regierungswechsel. Der Rest der Woche bestand für ihn aus einem Abwehrkampf gegen Kritik an seinen Vortragshonoraren. Ein Ende der Debatte ist noch nicht absehbar.
Mindestens 560 000 Euro hat Steinbrück für 80 Vorträge seit der Bundestagswahl im Herbst 2009 erhalten. Der frühere Finanzminister hat die Honorare zwar den Regeln entsprechend dem Bundestag gemeldet. Kritiker — auch in der eigenen Partei — sehen allerdings ein „Geschmäckle“ in den von Banken und Unternehmen bezahlten Vorträgen.
Steinbrück reagierte zunächst zögerlich und lehnte eine Veröffentlichung seiner Einkünfte ab. „In Wahrheit geht es einigen Kritikern darum, meine persönliche Glaubwürdigkeit zu beschädigen. Das wird aber nicht gelingen“, sagte er. Doch nur wenige Stunden später verkündete er, dass er nun doch Auftraggeber, Ort und Thema jedes einzelnen Vortrags und ein Durchschnittshonorar veröffentlichen wolle.
Das war aber noch nicht alles. Am Samstag stellte Steinbrück eine persönliche Erklärung ins Internet, in der er Transparenzregeln für Abgeordnete in einer Schärfe vorschlägt, die weit über die bisherigen Forderungen seiner eigenen Partei hinausgehen: „Ich werde mich dafür einsetzen, die Transparenzregeln des Deutschen Bundestags so zu verschärfen, dass alle Abgeordneten bis auf den letzten Cent angeben müssen, von wem und wofür sie in welcher Höhe für eine Nebentätigkeit bezahlt worden sind.“
Bis auf den letzten Cent — das bedeutet Transparenz ohne jegliche Einschränkung. Eine so weitgehende Forderung kam bisher nur von der Linkspartei. SPD und Grüne setzen sich stattdessen dafür ein, das bestehende Modell auszuweiten, nach dem die Abgeordnete ihre Einkünfte in Stufen einordnen müssen. Bisher gibt es drei Stufen: 1000 bis 3500 Euro, 3500 bis 7000 und über 7000 Euro. Extrem hohe Einkünfte etwa von 100 000 Euro und mehr sind damit nicht erkennbar. Die Erweiterung auf sieben bis zehn Stufen ist im Gespräch. Damit würden dann auch Honorare im sechsstelligen Bereich offenbart.
Union und FDP haben sich gegen schärfere Transparenzregeln bisher gesträubt, weswegen die SPD den Koalitionären „Verlogenheit“ und „Scheinheiligkeit“ vorwirft. Der Steinbrück-Vorstoß scheint nun ein Schachzug nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ zu sein. Die Chancen auf Realisierung dürften eher gering sein.