Steinbrück fordert totale Transparenz bei Honoraren

Berlin (dpa) - Nach heftiger Kritik an seinen bezahlten Vorträgen geht der designierte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück in die Offensive. In einer persönlichen Erklärung schlug er am Wochenende vor, alle Abgeordneten zur Veröffentlichung ihrer Zusatzeinkünfte „bis auf den letzten Cent“ zu verpflichten.

Damit ging er deutlich über die bisherigen Forderungen seiner Partei nach schärferen Transparenzregeln hinaus. Steinbrück nannte die Vorwürfe gegen ihn „dämlich“ und betonte, er sei nie ein „Knecht des Kapitals“ gewesen. Andere führende SPD-Politiker warfen der Koalition „Verlogenheit“ und „Heuchelei“ vor.

Union und FDP blieben allerdings bei ihrer Kritik an dem Herausforderer von Bundeskanzlerin Angela Merkel bei der Wahl 2013 und zweifelten an seiner Glaubwürdigkeit. Den Vorstoß des SPD-Politikers für mehr Transparenz lehnten sie ab. „Dass ausgerechnet Herr Steinbrück sich jetzt zum Transparenz-Helden aufschwingen möchte, hat schon eine besondere Komik“, sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. „Da ruft jemand laut nach der Kehrmaschine, anstatt vor der eigenen Tür zu kehren.“

Neben Union und FDP wandten sich auch die Grünen gegen eine detaillierte Offenlegung jedes einzelnen Honorars. Fraktionschef Jürgen Trittin sprach sich dafür aus, bei dem bisherigen Modell zu bleiben, allerdings mit deutlich mehr Stufen. „Den Vorschlag anderer Fraktionen, die oberste Stufe bei Einnahmen von mehr als 150 000 Euro enden zu lassen, lehnen wir ab“, sagte er. Die Linke unterstützte Steinbrücks Vorschlag als einzige Fraktion.

Bisher müssen Abgeordnete die Einkünfte aus Nebentätigkeiten in drei Stufen einordnen: Von 1000 bis 3500 Euro, von 3500 bis 7000 und über 7000 Euro. Eine Erweiterung des Modells auf mehr und höhere Stufen - wie von SPD und Grünen gefordert - haben Union und FDP bisher abgelehnt. Steinbrück hat sich bei der Veröffentlichung seiner Honorare an die Regeln gehalten. Dass er für 80 Vorträge mindestens 560 000 Euro kassiert hat, wird aber auch in der eigenen Partei kritisch gesehen.

Nach anfänglichem Zögern hatte sich Steinbrück am Freitag entschieden, nun doch Einzelheiten zu seinen bezahlten Vorträgen preiszugeben. Auftraggeber, Ort und Thema jedes einzelnen Vortrags will er in den kommenden drei Wochen ebenso veröffentlichen wie das Durchschnittshonorar vor und nach Steuern zwischen 2009 bis 2012.

Laut „Welt am Sonntag“ hat der Ex-Bundesfinanzminister seit Herbst 2009 für mehrere Vorträge jeweils fünfstellige Beträge erhalten. In mindestens zwei Fällen habe das Nettohonorar bei 20 000 Euro oder geringfügig darüber gelegen, berichtet das Blatt. Für vier weitere Engagements habe Steinbrück zwischen 10 000 und 15 000 Euro erhalten. Der „Spiegel“ berichtet, Steinbrück sei auch von Unternehmen engagiert worden, die während seiner Zeit als Finanzminister mit seinem Ministerium zusammengearbeitet hätten.

In einem Interview des Deutschlandfunks sorgte Steinbrück mit Äußerungen für Irritationen, die sich gegen die Idee des „gläsernen Abgeordneten“ richteten. „Ich glaube, dass es Transparenz nur in Diktaturen gibt“, sagte er. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe sagte der „Welt“ (Montag), die Äußerung mache „seinen Fehlstart offenkundig“.

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Christine Lambrecht appellierte an die Abgeordneten von Union und FDP, so rasch wie möglich ihre Nebeneinkünfte publik zu machen. „Sie müssen sich jetzt an Peer Steinbrück messen lassen“, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Ähnlich äußerte sich SPD-Chef Sigmar Gabriel im „Darmstädter Echo“ (Samstag). „Ich habe die Heuchelei von CDU/CSU und FDP satt.“