Neonazi-Ausschuss und Expertenkommission kommen

Berlin (dpa) - Ein Bundestags-Untersuchungsausschuss und eine Expertenkommission von Bund und Ländern werden die Ermittlungspannen rund um die Neonazi-Morde politisch aufarbeiten.

Darauf einigten sich die Parlamentarischen Geschäftsführer aller Bundestagsfraktionen nach wochenlangem Tauziehen am Freitag in Berlin. Der Ausschuss soll noch im Januar eingesetzt werden, sagte Unions-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier (CDU). „Wir legen gemeinsam Wert auf eine schnelle, umfassende und gründliche Aufarbeitung der Vorgänge“, sagte er. Auch Vertreter von SPD, FDP, Grünen und Linken zeigten sich zufrieden.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck sagte, seiner Fraktion sei wichtig gewesen, dass eine Expertenkommission ergänzend arbeite und der Auftrag eines Untersuchungsausschusses nicht eingeschränkt werde. „Darüber haben wir eine Verständigung erzielt.“ Ende November hatten die Fraktionen die Neonazi-Morde in einer gemeinsamen Erklärung verurteilt und sich bei den Angehörigen der Opfer für Versäumnisse und Pannen der Sicherheitsbehörden entschuldigt. Altmaier sagte, die Einigung über die Aufarbeitung zeige, dass der Konsens von damals tragfähig sei.

Die drei Rechtsterroristen der Zwickauer Neonazi-Zelle sollen für den Mord an mindestens neun türkisch- und griechischstämmigen Kleinunternehmern sowie einer Polizistin verantwortlich sein. Die Mordserie war erst im vergangenen November bekanntgeworden. Bundesweit für Bestürzung sorgte, dass Polizei und Verfassungsschutz von Bund und Ländern die Rechtsterroristen offensichtlich jahrelang nicht im Visier hatten. Die Bundestagsfraktionen hatten wochenlang um den richtigen Weg der parlamentarischen Aufarbeitung gerungen.

In der kommenden Woche wollen die Fraktionen gemeinsamen einen Auftrag für den Untersuchungsausschuss formulieren. Altmaier sagte, der Ausschuss werde von der Möglichkeit Gebrauch machen, auch einen Sonderermittler einzusetzen, um die Arbeit zu beschleunigen. Ziel sei, die Vorgänge möglichst zügig aufzuarbeiten. Doppelungen und Überschneidungen bei der Aufarbeitung sollen vermieden werden. Der Ausschuss unter dem Vorsitz der SPD wird elf Mitglieder haben. Die geplante Expertenkommission soll aus vier Mitgliedern bestehen, wobei zwei von den Ländern und zwei vom Bund ernannt werden.

Die SPD-Fraktion stand einem Untersuchungsausschuss lange zurückhaltend gegenüber. Nach langem Hin und Her legte sie aber in dieser Woche einen Vorschlag aus beidem - Ausschuss und Kommission - vor. „Damit ist gewährleistet, dass die Fehler und Versäumnisse auch in den Ländern restlos aufgeklärt werden können“, bekräftigte Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann am Freitag. Zum Schluss müssten alle Erkenntnisse zusammengeführt werden, um Fehler und Schwachstellen zu beseitigen und die Sicherheitsarchitektur in Bund und Ländern gegen die rechte Gewalt neu aufstellen zu können.