Neue Runde im Plagiatsverfahren gegen Annette Schavan
Düsseldorf (dpa) - Zitterpartie für Annette Schavan: Im Plagiatsverfahren gegen die Bundesbildungsministerin hat die Universität Düsseldorf am Dienstag erneut über den möglichen Entzug des Doktortitels beraten.
Abgeschirmt von der Öffentlichkeit kam der zuständige Rat der Philosophischen Fakultät zu der möglicherweise entscheidenden Runde zusammen. Das Gremium mit 15 stimmberechtigten Mitgliedern kann Schavan den vor 33 Jahren erworbenen Doktorgrad entziehen oder nicht. Der Rat kann die Prüfung der umstrittenen Arbeit mit dem Titel „Person und Gewissen“ aus dem Jahr 1980 aber auch fortsetzen. Eine Frist gibt es nicht. Offen ist, ob der Rat noch ein externes Gutachten einholt. Die Sitzung am Dienstag könnte nach Angaben eines Uni-Sprechers mehrere Stunden dauern.
Schavan, eine enge Vertraute von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), räumte Flüchtigkeitsfehler in ihrer Dissertation ein, wies den Vorwurf des Plagiats oder der Täuschung aber zurück. Die Ministerin hält sich derzeit zu einer fünftägigen Reise in Südafrika auf, wo sie politische Gespräche über berufliche Bildung und Wissenschaftskooperation führt.
Die Kritik an der Dissertation der Ministerin war erstmals im April 2012 im Internet aufgetaucht. Schavan wird unkorrektes Zitieren und die Verschleierung geistigen Eigentums vorgeworfen. Die Tragweite der angeblichen Zitierfehler ist unter Wissenschaftlern umstritten. Sollte die Uni Schavan den Doktorgrad entziehen, kann sie dagegen vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf klagen. Die Promotion war seinerzeit Schavans erster Studienabschluss, was 1980 noch möglich war. Bei einer Aberkennung des Doktortitels hätte Schavan somit keinen Hochschulabschluss.
Die Prüfung der Arbeit in mehreren Instanzen zieht sich bereits seit rund neun Monaten hin. Vor zwei Wochen hatte der Fakultätsrat mit 14 Ja-Stimmen bei einer Enthaltung die Einleitung eines Hauptverfahrens zum Entzug des Doktortitels beschlossen. Der Rat folgte damit der Empfehlung der Promotionskommission. In einem internen Bericht war der Kommissionsvorsitzende Prof. Stefan Rohrbacher zu der Erkenntnis gekommen, dass in der Arbeit Schavans an zahlreichen Stellen plagiiert worden sei. Aufgrund der systematischen Vorgehensweise liege eine Täuschungsabsicht vor. Der Bericht war an die Öffentlichkeit durchgesickert.
Wenige Tage vor der zweiten Sitzung des Fakultätsrats kursierte in den Medien ein Heft des Düsseldorfer Pädagogik-Professors Wolfgang Kramp aus dem Jahr 1978 mit strengen Zitierregeln für die Abfassung von Seminararbeiten. Das in mehrfacher Auflage gedruckte Heft wurde seinerzeit an Studenten verteilt, einer der Herausgeber war Schavans Doktorvater Gerhard Wehle. Inwieweit das Heft bei den vertraulichen Beratungen des Fakultätsrats eine Rolle spielt, ist unklar.