Neuer JU-Chef Ziemiak: Union braucht mehr Strategie-Debatten
Inzell (dpa) - Der neue JU-Bundesvorsitzende Paul Ziemiak fordert mehr Strategie-Debatten innerhalb der Unionsparteien. Man müsse davon wegkommen, nur über Tagespolitik zu sprechen, sagte der 29-Jährige am Samstag auf dem Deutschlandtag der Jungen Union im bayerischen Inzell.
„Es geht darum, mal Perspektiven zu entwickeln und uns mal Zeit zu nehmen, gründlich zu debattieren - innerhalb der JU, aber auch innerhalb von CDU und CSU“. Das gelte auch für Parteitage.
Genau dazu hatte der CSU-Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber den Parteinachwuchs zuvor aufgerufen. „Seid laut, seit deutlich, und lasst es nicht zu, dass der Wohlstand in Deutschland nur noch verwaltet wird“, rief Stoiber den Delegierten in Inzell zu. „Das Wohlfühlen von heute garantiert nicht den Wohlstand von morgen.“
Ziemiak war am späten Freitagabend in einer Kampfabstimmung zum Nachfolger von Philipp Mißfelder gewählt worden, der die JU für die Rekorddauer von zwölf Jahren geführt hatte. Der JU-Landeschef von Nordrhein-Westfalen setzte sich mit 63 Prozent der Stimmen gegen seinen Konkurrenten Benedict Pöttering mit 37 Prozent durch.
Ziemiak sprach sich mit einem „ganz klaren Nein“ gegen eine Aufweichung des Sterbehilfe-Verbots aus. „Wir sollten nicht den Eindruck erwecken, als ob Leben etwas sein sollte, wo man den Knopf drückt oder nicht und das einfach so entscheidet.“ Auf die Frage nach einem vollen Adoptionsrecht für Homosexuelle antwortete er dagegen ausweichend.
Zum JU-Kandidaten für das CDU-Präsidium wurde am Samstag der Gesundheitsexperte der Unionsfraktion, Jens Spahn, bestimmt. Damit könnte es auf dem Parteitag im Dezember in Köln zu einem Duell zwischen dem 34-Jährigen und Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe kommen - beide stammen aus Nordrhein-Westfalen. Spahn sagte dazu: „Es ist keine Kandidatur gegen jemanden, sondern für die Junge Union - und dafür, dass auch die größte politische Jugendorganisation Europas noch im CDU-Präsidium vertreten ist. Es schadet nicht, wenn auch noch jemand unter 40 in der Führungsspitze der Partei ist.“
Stoiber rief die 117 000 Mitglieder zählende JU eindringlich auf, stärker für die Interessen der jungen Generationen zu kämpfen. „Es ist wichtig, dass ihr euch massiv in die politischen Debatten einschaltet - sofern sie überhaupt geführt werden“, sagte der frühere bayerische Ministerpräsident. In der heutigen Politik stünden kurzfristige Gegenwartsinteressen oft vor langfristigen Zukunftsperspektiven, kritisierte er. Deshalb bestehe die Gefahr, dass die Interessen der Jugend übergangen würden.
Stoiber warnte die Union davor, die Alternative für Deutschland (AfD) weiter zu ignorieren und die Gefahr für CDU und CSU zu unterschätzen. „Ich war von Anfang an der Meinung, dass man die Funktionäre dieser AfD inhaltlich stellen muss - das kannst du nicht durch Negieren“, sagte Stoiber, der zugleich einräumte, AfD-Chef Bernd Lucke anfangs selbst „gewaltig unterschätzt“ zu haben. „Ich glaube, man muss sich mit diesen Leuten auseinandersetzen, ihnen klarmachen, dass ihre Schwarz-Weiß-Parolen in der Realität keinen Bestand haben.“ Die Euro-Politik der AfD kritisierte Stoiber als verantwortungslos.