Themenvorschau Parteitag: AfD zwischen rechts und radikal

Stuttgart. Einen Erfolg wird die AfD bei ihrem Parteitag am Wochenende ganz sicher feiern können: Sie wird beachtet werden wie nie zuvor. Nicht nur von Demonstranten, die das Stuttgarter Messegelände belagern wollen und den Einsatz von 1000 Polizisten erfordern.

Die AfD kommt zu ihrem Parteitag am Wochenende in Stuttgart zusammen.

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Auch zahlreiche Medienvertreter haben sich für die zwei Tage angemeldet. Und in Berlin analysieren und bewerten Bundestagsabgeordnete von CDU und SPD bereits vorher die geplanten Beschlüsse. Die neue rechte Partei wird seit ihren Erfolgen bei den letzten Landtagswahlen sehr ernst genommen.

Freilich wird das Ereignis selbst den Erwartungen womöglich nicht gerecht werden. Denn es droht Chaos. Der Parteitag wird als Mitgliederparteitag gestaltet - jeder mit AfD-Parteibuch kann kommen und mit abstimmen. Über 2000 Teilnehmer werden erwartet. Allerdings haben die Rechts-Alternativen Erfahrungen mit solchen Mammuttreffen. Vor eineinhalb Jahren in Bremen musste sogar in zwei weit voneinander entfernt liegenden Sälen parallel per Live-Übertragung getagt werden, und es funktionierte leidlich.

Erschwerend kommt diesmal allerdings die Unübersichtlichkeit des Themas hinzu. Es soll ein neues Programm verabschiedet werden, dessen 80seitigen Entwurf der Vorstand vor einem Monat veröffentlichte. Dazu gibt es sage und schreibe 1460 Seiten Änderungsanträge, darunter zwei komplette Gegenentwürfe. Und zahlreiche Anträge zur Geschäftsordnung mit organisatorisch-technischen Fragen.

Damals in Bremen schafften es die Mitglieder, über so etwas zwölf Stunden lang leidenschaftlich zu streiten, ehe sie überhaupt zu einer inhaltlichen Abstimmung kamen. Es könnte also sein, dass man in Stuttgart nicht fertig wird. Die wichtigsten Botschaften aber werden trotzdem gesetzt werden. Jetzt, nachdem man sich von Parteigründer Bernd Lucke und dessen Leuten getrennt hat, soll aus der früheren Anti-Euro-Partei eine konsequent rechtskonservative Partei für alle Fälle des Lebens werden.

Für das traditionelle Familienmodell, gegen Abtreibungen, gegen Frauenquoten, für das dreigliedrige Schulsystem. Gegen Gesamtschulen, gegen die Erbschaftssteuer, für Atomenergie, gegen das Erneuerbare Energien-Gesetz, gegen die EU und den Türkei-Beitritt, für die Wehrpflicht, für härtere Jugendstrafen, gegen Tempolimits. Und so weiter.

Am wichtigsten aber sind die Passagen zum Islam und zur Zuwanderung. Schon im Vorstandsentwurf erklärt die Partei: "Der Islam gehört nicht zu Deutschland". Ein Satz bewusst gegen Alt-Bundespräsident Christian Wulff oder Angela Merkel gerichtet. Im Vorfeld war aus internen Mails bekannt geworden, dass insbesondere Parteivize Beatrix von Storch dieses Thema als neuen Schwerpunkt setzen wollte.

In dem Antrag wird der Bau von Minaretten in Deutschland ebenso abgelehnt wie der Ruf der Muezzin. Und nicht nur für Lehrerinnen, sondern auch für Schülerinnen soll ein Kopftuchverbot gelten. Es gibt Anträge der radikalen Rechten in der AfD, die darüber hinaus ein generelles Verbot des Moscheebaus und ein allgemeines Verbot des Schächtens verlangen, was dann auch Juden treffen würde. Von Storch und Vorstandsmitglied Alexander Gauland begleiteten die Diskussion mit dem Satz, der Islam an sich sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Hier beginnt der Konflikt und Machtkampf mit Parteichefin Frauke Petry. Petrys Rede wird mit Spannung erwartet. Derzeit ist die 40jährige im Vorstand ziemlich isoliert. Nur der "politische Islam" sei mit dem Grundgesetz unvereinbar, nicht der Islam an sich, sagte sie im Vorfeld; auch nahm sie eine Einladung des Zentralrats der Muslime zu einem Gespräch an. Ausdrücklich warnte Petry vor einem weiteren Rechtsruck und machte ihre eigene politische Zukunft "davon abhängig, wo die Partei in ein paar Jahren steht." So hatte vor gut einem Jahr auch Lucke gesprochen - als Petry von rechts kam und ihn ausschaltete.