Peer Steinbrück: Ein Kandidat im Angriffsmodus
Der Sozialdemokrat Peer Steinbrück räumt seinen Fehlstart ein. Schuld sei nicht er — dies seien die Medien.
Berlin. Peer Steinbrück, Lieblingstier Nashorn, hat auf Angriffsmodus geschaltet. Vor ihm 55 Journalisten, die er für seinen Fehlstart als SPD-Kanzlerkandidat verantwortlich macht. Ja, diese zwei Monate sind nicht spurlos vorbeigegangen, gibt er zu. „Das hängt mir in den Kleidern, das spielt in meinem Gefühlsleben eine Rolle.“ Aber welche?
Die Antwort ist Wut. Wut vor allem auf die Presse. Eigene Fehler räumt er nur einen einzigen ein, den bezahlten Redeauftritt bei den Stadtwerken Bochum. Ansonsten aber ist alles mediale Verdrehung, Übertreibung, Skandalisierung. Mal schreiben sie, er redet zu aggressiv, dann wieder, dass er zu schlaff ist. „Dabei sind wir noch gar nicht im Wahlkampfmodus. Wäre auch bescheuert, elf Monate vorher.“
Dass sein designierter Internetbeauftragter nicht antreten kann, weil seine frühere Tätigkeit bei Finanzinvestoren bekannt wurde, kann er nicht verstehen. „Ob einer für einen Hedgefonds gearbeitet hat, oder für die St. Pauli-Nachrichten, ist für mich nicht entscheidend.“
Wie ein Nashorn macht er bei jeder Frage einen stampfenden Ausfallschritt, um die Meute zu verscheuchen. Warum er, der doch seit 19 Jahren Spitzenpolitiker ist, noch immer so dünnhäutig auf Medienkritik reagiert, will einer wissen. „Ach, plötzlich empfindlich? Selbst austeilen, aber ein Glaskinn haben?“ kontert er. „Nennen Sie das Motiv einfach Leidenschaft.“
Man solle doch mal über seine Politik schreiben, fordert er. Wo ist die Wechselstimmung? Die gibt es nicht, räumt er ein. Und Deutschland steht wirtschaftlich gut da. Aber untergründig sieht er eine „Unwucht“. Die Finanznot der Kommunen, die ungleichen Chancen von Männern und Frauen, die Spaltung des Arbeitsmarktes, die Bildungsbarrieren. Das sollen seine Themen sein.
Wo ist die Machtperspektive? Abwarten, die SPD liegt bei 28, 30 Prozent, nur noch drei oder vier Prozent mehr, und es reicht. Schon die Niedersachsen-Wahl im Januar kann „die politische Mechanik grundlegend verändern“. Dann, wenn FDP, Linke und Piraten den Einzug in den Landtag verpassen und Rot-Grün regiert. Und wenn nicht? Steinbrück: „Dann werde ich nicht im Bett bleiben, die Decke über den Kopf ziehen und danach wieder Honorarvorträge halten.“