Piraten-Vorstand weiter unter Beschuss
Berlin (dpa) - Auch nach dem angekündigten Rückzug des umstrittenen Piraten-Geschäftsführers Johannes Ponader bleibt die Führung der Partei in der Kritik. Der Chef der nordrhein-westfälischen Piraten, Sven Sladek, sagte: „Ich halte den derzeitigen Bundesvorstand insgesamt für verbrannt.“
Es müsse bezweifelt werden, ob Ponader wirklich der Hauptverantwortliche für die Reibereien im Vorstand war, sagte Sladek der dpa.
Ponader kündigte am Mittwochabend an, sein Amt im Mai beim Parteitag in Neumarkt (Bayern) aufzugeben. Er hatte sich zuvor nicht mit der Forderung durchsetzen können, dort den kompletten Vorstand neu zu wählen. Der 36-Jährige stand in den letzten Monaten im Zentrum quälender Personaldebatten und war wiederholt zum Rücktritt aufgefordert worden.
Dem Berliner wird erhebliche Mitschuld am Niedergang der Partei in den Umfragen gegeben. Nach derzeitigem Stand würden die Piraten den Einzug in den Bundestag klar verpassen. Auch bei einer parteiinternen Befragung bekam der Mann, der gerne in Talkshows provozierte und ein Gegenpol zum eher ruhigen Parteichef Bernd Schlömer war, jüngst sehr schlechte Noten.
Die Piraten wollen sich bei dem von zwei auf drei Tage verlängerten Parteitag vom 10. bis zum 12. Mai vor allem ihrem Wahlprogramm widmen, mit Themen wie Freiheit und Grundrechte, Demokratiereform und Mitbestimmung, Datenschutz und Netzpolitik. Lediglich für vakante Vorstandsposten - mit Ponaders Position wären das drei - soll es Nachwahlen geben.
Ponader erklärte in seinem Blog im Internet, die Entscheidung zum Rücktritt habe zum einen persönliche Gründe. „Ich bin der Meinung, dass in einer so jungen Partei, wie wir das sind, sowohl die ehrenamtlichen Vorstände als auch die Partei nach einem Jahr gemeinsamen Wegs auf einem Wahlparteitag die Gelegenheit zu einer gemeinsamen Neubestimmung der Arbeit haben sollten.“
Es gebe aber auch politische Gründe. „Ein massiver Rückgang unserer Zustimmungswerte sowie das geringe Wahlergebnis in Niedersachsen müssen jedes verantwortungsvolle Mitglied unserer Partei nachdenklich machen. Ich sehe die Hauptverantwortung für diesen Vertrauensverlust beim Vorstand und unserer oft fragwürdigen Außenwirkung der letzten Monate.“
Nach Ansicht des Chefs der Piraten-Fraktion im Berliner Landesparlament, Christopher Lauer, ist noch nicht ausgemacht, dass Ponader wirklich sein Amt räumt. „Er hat nicht gesagt, ob er in Neumarkt nicht noch mal kandidiert. Er ist ja ein bisschen sprunghaft“, sagte Lauer. Er gehe allerdings fest davon aus, dass auf dem Bundesparteitag ein neuer politischer Geschäftsführer gewählt werde. Die Stimmung in der Partei deute darauf hin.
Marina Weisband, die Vorgängerin Ponaders als Geschäftsführerin, kritisierte ihre Partei für den Umgang mit ihren Spitzenleuten. „Zu viele Piraten machen das eigene Handeln vom Handeln des Vorstands abhängig. Also das, was wir eigentlich nie wollten", sagte sie „Spiegel online“. Die Personalquerelen im Bundesvorstand seien „übermäßig gehypt“, meinte Weisband. „Immer nur den Vorstand bashen, das geht gar nicht. Das macht mich sehr wütend.“