Renten steigen 2012 deutlich - Beitragssatz sinkt leicht
Würzburg (dpa) - Den rund 20 Millionen Ruheständlern winkt im kommenden Jahr eine überraschend deutliche Rentenerhöhung.
Im Westen ist mit einem Plus von knapp 2,3 Prozent zu rechnen, im Osten mit 3,2 Prozent mehr. Dies kündigte der Präsident der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund, Herbert Rische, am Donnerstag in Würzburg an.
Er bezog sich dabei auf Berechnungen der Fachleute im sogenannten Schätzerkreis. Zugleich stellte Rische eine Senkung des Rentenbeitragssatzes von derzeit 19,9 auf 19,6 Prozent Anfang 2012 in Aussicht.
Damit profitieren Beschäftigte und Arbeitgeber von den zuletzt deutlichen Einnahmeüberschüssen der Rentenkassen. Nach den Worten Risches werden sie um jeweils 1,4 Milliarden Euro entlastet. Nach dem Gesetz muss der Beitragssatz gesenkt werden, wenn die Rücklagen das Anderthalbfache einer Monatsausgabe übersteigen. Dies zeichnet sich für 2012 ab.
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte, auch wenn genaue Zahlen noch nicht vorlägen, sei doch absehbar, dass alle Rentner „im kommenden Jahr vom Aufschwung profitieren und deutlich mehr Rente erhalten“. Es eine „doppelt gute Nachricht“, dass zugleich die Beiträge für die junge Generation sinken. Dies zeige: „Unser Rentensystem ist kerngesund und sorgt für einen fairen Ausgleich zwischen den Generationen.“
Während die Beitragssatzermäßigung praktisch unter Dach und Fach ist, steht die Rentenanpassung zum 1. Juli 2012 erst im kommenden Frühjahr endgültig fest. Erst dann liegen alle für die Berechnung erforderlichen Wirtschaftsdaten vor. Sollten sich die Prognosen bestätigen, erhielte ein Standardrentner nach 45 Beitragsjahren im kommenden Jahr einen Zuschlag von monatlich knapp 28,50 Euro im Westen und rund 35 Euro im Osten.
2011 hatten sich die Rentner mit einer bescheidenen Erhöhung von einem Prozent zufriedengeben müssen. 2010 hatte es als Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise noch eine Renten-Nullrunde gegeben. Die Renten orientieren sich jeweils an der Lohnentwicklung des Vorjahres.
Möglich wird der überraschend hohe Rentenzuschlag deshalb vor allem durch die aktuell gute Lohnentwicklung mit plus 3,2 Prozentpunkten im Westen und 3,3 Punkten im Osten, sagte Rische. Die Beitragssenkung wird begünstigt durch den sich für 2011 abzeichnenden Überschuss von 4,4 Milliarden Euro in der Rentenkasse. Deren Rücklagen erreichen damit zum Jahresende fast 24 Milliarden Euro. Das entspricht 1,38 Monatsausgaben.
Gesetzlich vorgeschrieben ist eine Beitragssenkung, wenn die Rücklagen das 1,5-fache einer Monatsausgabe übersteigen. Dies ist 2012 zu erwarten. Der DRV-Präsident sieht mittelfristig neue Spielräume für weitere Ermäßigungen beim Beitragssatz: Dieser könnte nach den aktuellen Rahmendaten der Bundesregierung in zwei Schritten bis 2014 sogar bis auf 19,1 Prozent sinken.
Zugleich seien „durchaus positive Rentenanpassungen“ in nächster Zeit zu erwarten, zeigte sich Rische optimistisch. Dies allerdings unter der Voraussetzung, „dass die erneuten Erschütterungen der Finanzmärkte den Arbeitsmarkt nicht in größere Mitleidenschaft ziehen“.
Der Rentenexperte der Linken, Matthias Birkwald, warnte davor, die Überschüsse in der Rentenversicherung durch eine Mini-Entlastung der Beitragszahler um 0,3 Prozentpunkte „zu verpulvern“. Das Geld solle besser nachhaltig gegen Altersarmut eingesetzt werden.
Aus Sicht des Sozialverbandes VdK ist die Rentenerhöhung nach jahrelangen Null-Runden und Mini-Erhöhungen schlicht unzureichend. Als „Entschädigung“ müsse deshalb - so Vdk-Präsidentin Ulrike Mascher - der dämpfende Riester-Faktor in der Rentenformel ausgesetzt werden. Ohne diesen würde die Rentenerhöhung um 0,65 Prozent höher ausfallen.