Rösler ruft FDP zum Kampf auf: „Schluss mit Tränen“

Frankfurt/Main (dpa) - „Aufstehen!“, „Taschentücher weg“, „Jetzt erst recht“ - markig ruft FDP-Chef Philipp Rösler den FDP-Parteitag zum Aufbruch aus dem Tal der Tränen auf. Von der Union grenzt er sich ab.

Vorgänger Westerwelle rechnet scharf mit den Euro-Skeptikern ab - und wird bejubelt.

Auf einem Sonderparteitag der Liberalen am Samstag in Frankfurt am Main kündigte Rösler dem Koalitionspartner CDU harten Widerstand etwa gegen einen flächendeckenden Mindestlohn an. Die 660 Delegierten warnte er, sich in Selbstmitleid zu verlieren. „Schluss mit der Trauer. Schluss mit den Tränen: Es ist Zeit, die Taschentücher wegzustecken.“

In seiner gut einstündigen Grundsatzrede definierte Rösler die soziale Marktwirtschaft und liberale Bürgerrechte als Markenkern der Partei. Ihre Positionen werde die FDP auch gegen heftigsten Widerstand verteidigen, kündigte der Wirtschaftsminister und Vizekanzler an. „Wir werden niemals dem Druck weichen und umfallen“, rief Rösler den Delegierten zu.

Die vergangenen Monate seit seiner Wahl im Mai seien auch für ihn als Parteichef hart gewesen. Wenn man zu Boden gehe und liegen bleibe, dann werde man ausgezählt. Aber: „Wir bleiben niemals liegen, wir stehen auf (...) - jetzt erst recht“, sagte Rösler, der für seine Rede von den Delegierten stehend vier Minuten lang Beifall bekam - allerdings nicht einmal halb so viel wie bei seiner Wahl im Mai.

Im Zentrum des zweitägigen außerordentlichen Treffens stehen die Euro-Rettung sowie die Bildung. Die erste große Parteitagsrede Röslers seit seiner Wahl war mit Spannung erwartet worden. Damals hatte er die Erwartungen der darniederliegenden Freidemokraten mit dem Versprechen hochgeschraubt: „Ab heute wird geliefert.“

Beklagt wird, dass die FDP in Umfragen weiter nur bei drei bis vier Prozent liegt. Spätestens bis zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein im Mai 2012 will die Partei, die 2011 bei fünf Wahlen aus der Regierung oder dem Parlament geflogen war, die Trendwende geschafft haben. Auf dem Parteitag gab es erneut Kritik an den jüngsten Koalitionsbeschlüssen - besonders an dem von den Liberalen eigentlich abgelehnten CSU-Betreuungsgeld.

Forderungen nach einem flächendeckenden allgemeinen Mindestlohn erteilte Rösler eine Absage. „Für die Lohnfindung sind die Tarifpartner zuständig und niemals der Gesetzgeber.“ Stattdessen verlangte er zur sozialen Absicherung von Wenigverdienern die Einführung des von der FDP vorgeschlagenen Bürgergeldes. „Wir können es auch Merkel-Geld nennen, Hauptsache, es kommt.“

Soziale Marktwirtschaft bedeutet nach Röslers Worten zudem deutlich mehr als Steuersenkungen. Die FDP müsse eine „kluge Regulierung für die Finanzmärkte auf den Weg bringen“. Dies erfordere mehr als nur eine banale Diskussion um die Finanztransaktionssteuer. Rösler warb um Akzeptanz für die Euro-Rettungspakete. „Wir bleiben klar pro-europäisch“, sagte er unter großem Beifall.

Die Euro-Skeptiker um den Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler und den Alt-Liberalen Burkhard Hirsch wollen dagegen mit dem laufenden Mitgliederentscheid den ab 2013 geplanten dauerhaften Rettungsschirm ESM verhindern. Schäffler beklagte, dass der Euro-Zone Instrumente fehlten, um Konsolidierungsmaßnahmen durchzusetzen, bekam dafür aber vergleichsweise wenig Applaus. Das Ergebnis des Entscheids wird Mitte Dezember erwartet.

In einem fulminanten Plädoyer für Europa richtete Außenminister Guido Westerwelle scharfe Angriffe gegen die Euro-Kritiker. Der im Mai geschasste Ex-FDP-Chef erntete für seinen kurzen Auftritt Jubel und minutenlangen Beifall. Er verwahrte sich gegen Darstellungen der Gegner des ESM, Bundestagsfraktion und Parteitag würden nicht den Willen der Basis repräsentieren.

FDP-Bundestagsfraktionschef Rainer Brüderle blies zum Angriff, vor allem auf die rot-grünen Gegner, aber nicht nur. „Es ist gut, dass wir jetzt wieder die Abteilung Attacke fahren“, rief er.

Für die SPD ist Röslers Stern bereits am Sinken. „Philipp Rösler entwickelt sich zu einer tragischen Figur. Nur sechs Monate nach seinem Amtsantritt ist die FDP inhaltlich und moralisch am Ende“, sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles.