Schäuble: „Wir müssen immer erst erwirtschaften, was wir verbrauchen wollen“

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will einen ausgeglichenen Etat vorweisen — wenn keine Krise dazwischen kommt.

Berlin. Angela Merkel und Wolfgang Schäuble (Foto: dpa/CDU) stecken noch mal kurz die Köpfe zusammen. In wenigen Minuten beginnt die Auftaktsitzung zur aktuellen Haushaltsplanung im Bundestag. Noch bis Freitag wird sich das Parlament damit in ausführlichen Debatten beschäftigen.

Und vielleicht will die Kanzlerin von ihrem Kassenwart ja noch schnell wissen, wie das gemeint war mit dem ausgeglichenen Etat und der Ukraine. In einem Interview hatte Schäuble gesagt, die Chancen für einen Haushalt ohne neue Schulden im kommenden Jahr stünden gut, aber er könne „keine Garantien abgeben“. So wisse heute niemand, „wie es mit der Ukraine weitergeht“. Baut da einer schon vor, dass es mit der so lange versprochenen „schwarzen Null“ in letzter Minute doch nicht klappt?

In seiner fast einstündigen Rede greift Schäuble den Gedanken wieder auf. Die politische Krise in der Ukraine sei ein „neuer Weckruf“ gewesen, sagt der CDU-Politiker. Sicher seien da auch wirtschaftliche Hilfen gefragt. Wirkliche Zweifel an seiner Etatplanung lässt Schäuble im Bundestag von dieser Seite aber nicht aufkommen. Ihn treiben eher hausgemachte Risiken um. Denn dank gut gefüllter Kassen sind auch die Begehrlichkeiten groß. „Wir müssen immer erst erwirtschaften, was wir verbrauchen wollen“, mahnt Schäuble. Konkret spricht er die geplanten Verbesserungen bei der Rente und den Mindestlohn an. „Wir können uns das leisten, wir können uns aber nicht mehr leisten“, so seine Warnung.

Beim sozialdemokratischen Koalitionspartner regt sich kaum eine Hand zum Beifall. Doch Schäuble zeigt sich unbeirrt. Deutschland müsse wettbewerbsfähig bleiben. Deshalb verbiete sich auch eine Erhöhung der Unternehmensbesteuerung. Doch in der SPD macht man sich für einen Abbau der „kalten Progression“ stark. Die entsteht immer dann, wenn Arbeitnehmer durch Lohnerhöhungen in eine höhere Steuerstufe rutschen. Im Ergebnis sinkt ihre reale Kaufkraft. Die Genossen würden im Gegenzug gern den Spitzensteuersatz erhöhen, was Schäuble jedoch in seiner Rede als wirtschaftsfeindlich charakterisiert.

Vom Einklang der Einnahmen mit den Ausgaben haben schon Schäubles Amtsvorgänger geträumt. Doch immer kam etwas dazwischen. Theo Waigel (CSU) zum Beispiel musste dieses Ziel wegen der deutschen Wiedervereinigung begraben. Und Peer Steinbrück schließlich scheiterte an der Finanzkrise.

Schäuble jedoch könnte es jetzt schaffen. Denn die Sterne am deutschen Konjunkturhimmel stehen günstig. Trotzdem ist ein Kassenwart nie vor Überraschungen gefeit. Wohl auch deshalb bleibt Schäuble vorsichtig: „Ohne größere Krisen“, so der Minister, sei man „auf gutem Weg“, die Schuldenstandsquote von jetzt knapp 80 wieder auf 60 Prozent des Bruttosozialprodukts zurückzuführen — aber eben nur ohne größere Krisen.