Was sich durch die Pflegereform ändert
Künftig soll es fünf statt drei Pflegestufen geben. So sollen mehr Bedürftige berücksichtigt werden.
Berlin. Der Kern der Pflegereform von Union und SPD klingt sperrig, hat es aber in sich: Es geht um den sogenannten Pflegebedürftigkeitsbegriff. Seit acht Jahren schon laufen nun die Vorarbeiten, um neu festzulegen, wer offiziell Pflegebedarf hat. Was nun künftig geplant ist — und warum:
Bei der Eingruppierung der Betroffenen in eine der drei Pflegestufen haben die Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen heute zu prüfen, welche Verrichtungen Pfleger für den Betroffenen leisten müssen. Viele Menschen mit eingeschränkten Fähigkeiten im Alltag, bei der Wahrnehmung und mit psychischen Störungen gehen leer aus.
Es kommt derzeit auf die Minuten an. Pflegestufe 1 — monatlich 450 Euro für einen Pflegedienst etwa — erhält, wer 46 Minuten Grundpflege am Tag braucht. Es zählen Waschen, Zahnpflege, An- und Ausziehen, Treppensteigen und Nahrungsaufnahme. Hinzu kommt Hilfe im Haushalt. Diese „Minuten-Pflege“ soll nun ganzheitlicheren Kriterien weichen.
Statt drei Stufen soll es fünf Pflegegrade je nach Beeinträchtigung geben. Es soll gemessen werden, was die Menschen noch können. Und zwar in acht Bereichen — unter anderem Mobilität, geistige Fähigkeiten, Selbstversorgung, Einnahme von Medikamenten und soziale Kontakte.
Doch — seit 2008 können sie Betreuung mit 100 oder 200 Euro im Monat bezahlt bekommen. Seit 2013 können Demenzkranke auch Pflegegeld oder Sachleistungen bis zu 2400 Euro bekommen. Man spricht von Pflegestufe 0.
Mehr als 830 000 wurden 2012 erstmals begutachtet. Bei gut 640 000 weiteren Betroffenen ging es um eine Höherstufung oder Wiederholung der Prüfung. Nach einem Widerspruch wurden gut 110 000 Menschen begutachtet. Bei rund jedem zweiten erstmals Begutachteten wurde Pflegestufe I zuerkannt (Stufe II: 14, Stufe III: 3 Prozent). In fast jedem dritten Fall wurde kein Bedarf anerkannt.
Zwei weitere Untersuchungen: In rund 40 Heimen wird bei knapp 2000 Menschen untersucht, welche Pflege sie genau bekommen — künftige Leistungshöhen sollen abgeschätzt werden. Bei weiteren 2000 Pflegebedürftigen sollen Begutachtungen probeweise im alten und neuen Verfahren durchgeführt und Schwachstellen gefunden werden. Niemand soll schlechter gestellt werden als heute.
2017 soll laut Minister Hermann Gröhe (CDU) das neue Verfahren greifen. Rund 2,4 Milliarden Euro mehr pro Jahr sollen aus der Pflegekasse dafür fließen.