Soll der Minister über Abschuss entscheiden?

Neuregelung könnte gelten, wenn Terroristen ein Flugzeug als Waffe einsetzen.

dpa - Bildfunk

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Foto: Michael Fischer

Berlin. Über den Einsatz der Bundeswehr im Inneren wird seit über 20 Jahren diskutiert. Angestoßen hat die Debatte Finanzminister Wolfgang Schäuble, als er noch Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag war. Man müsse auch „bei einer größeren Sicherheitsbedrohung im Inneren“ über einen Bundeswehreinsatz nachdenken, sagte er schon 1993. Aber erst mit den Terroranschlägen in den USA vom 11. September 2001 stellte sich die Frage ganz konkret.

Darf die Bundeswehr ein Flugzeug abschießen, das Terroristen etwa auf die Hochhäuser des Frankfurter Bankenviertels zusteuern? Wer gibt den Befehl? Und auf welcher Grundlage?

Trotz etlicher Anti-Terror-Gesetze und zweier Urteile des Verfassungsgerichts gibt es bis heute keine praktikablen Antworten darauf. Deswegen startet die Bundesregierung einen neuen Versuch, endlich Klarheit zu schaffen. Auf Initiative des Innenministeriums prüft sie die Änderung des Grundgesetzes, um dem Verteidigungsminister bei einem drohenden Terrorangriff aus der Luft eine schnelle Entscheidung zu ermöglichen. Danach soll dieser künftig alleine über den Abschuss eines Flugzeugs entscheiden können, das Terroristen als Waffe einsetzen wollen. Derzeit ist ein Beschluss der Bundesregierung als Ganzes notwendig. Innenminister Thomas des Maizière (CDU) bestätigte am Dienstag Gespräche über eine mögliche Neuregelung.

Im Moment gilt ein Verfassungsgerichtsurteil aus dem August 2012. Danach ist der Abschuss einer Passagiermaschine zwar verboten. Grundsätzlich ist der Einsatz militärischer Mittel in „äußersten Ausnahmefällen“ von „katastrophischen Dimensionen“ aber erlaubt. Das heißt im Klartext: Ein von Terroristen gesteuertes Flugzeug ohne Passagiere, das als Waffe eingesetzt werden könnte, darf im Notfall abgeschossen werden.

Das ist also klar. Das Problem liegt aber darin, dass die Richter die Entscheidungsgewalt der Bundesregierung als Ganzes zusprachen. Bei einer akuten Bedrohung sind aber Entscheidungen innerhalb von Minuten oder sogar Sekunden notwendig.

Der einzige Verteidigungsminister, der seit dem 11. September 2001 in die Nähe einer Entscheidung über den Abschuss eines Flugzeugs kam, war ein SPD-Politiker. Am 5. Januar 2003 kreiste ein Motorsegler über der Frankfurter City, den ein Mann (31) auf einem südhessischen Flughafen in seine Gewalt gebracht hatte. Die Luftwaffe schickte in Absprache mit Peter Struck zwei „Phantom“-Kampfflugzeuge los. Der Pilot war aber kein Terrorist, sondern ein verwirrter Student.