Schäubles Schulden-Kampf
Der Minister warnt vor einem „Kapitalismus auf Pump“. Bei der Euro-Rettung droht Ungemach aus den eigenen Reihen.
Berlin. Mit einem konsequenten Abbau der Neuverschuldung will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Rolle Deutschlands als Stabilitätsanker und Wachstumslokomotive stärken. Zum Auftakt der Haushaltsberatungen des Bundestages warnte er gestern vor einem „Pumpkapitalismus“ mit immer neuen Schulden.
„Wir schaffen Vertrauen durch finanzpolitische Solidität und Verlässlichkeit“, betonte Schäuble. Neuen Konjunkturprogrammen gegen das sich wieder abschwächende Wirtschaftswachstum erteilte er eine Absage: „Kurzfristige Nachfrage-Stimulierungen werden nicht helfen.“ Eine Rezession befürchtet der Minister in Deutschland nicht.
Die Opposition kritisierte die Etatpläne scharf und sprach von Luftbuchungen. SPD und Grüne verwiesen auf wachsende Risiken in zweistelliger Milliardenhöhe.
Die zuletzt gute Konjunkturentwicklung und steigende Steuereinnahmen hätten zu einer stärkeren Senkung des Haushaltsdefizits genutzt werden müssen. In Schäubles Etatentwurf sind für 2012 neue Schulden von 27,2 Milliarden Euro geplant (siehe Grafik).
Derweil droht der schwarz-gelben Regierung bei der Euro-Rettung Ungemach. Am Abend vor Beginn der Etatdebatte hatten die Fraktionen von Union und FDP getestet, wie groß die Rebellion gegen das Gesetz für den erweiterten Euro-Rettungsschirm wohl ausfallen könnte, über das der Bundestag in dieser Woche in erster Lesung beraten wird.
Der Unmut über die von 123 auf 211 Milliarden Euro steigenden deutschen Garantien war jedenfalls vernehmlich. In der Union stimmten bei diesem ersten Probelauf zwölf Abgeordnete mit Nein, sieben enthielten sich.
In der FDP registrierte die Fraktionsspitze zwei Nein-Stimmen und vier Enthaltungen. Insgesamt verweigerten also 25 Abgeordnete der eigenen Regierung die Gefolgschaft in einer zentralen Frage: Bürgt Deutschland mit 211 Milliarden Euro, was etwa zwei Dritteln des Bundeshaushalts entspricht, für in Not geratene Länder oder nicht?
Die politische Konkurrenz wittert die Merkel-Dämmerung. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, stimmte bereits auf das Scheitern der Koalition in der Schlussabstimmung am 29. September ein. „Wenn eine Bundesregierung in dieser entscheidenden Frage keine Mehrheit hat, dann ist sie politisch gescheitert.“