Schröder fordert „Rechtsanspruch auf Rückkehr in Vollzeit“
Berlin (dpa) - Eltern brauchen nach den Worten von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) mehr Wahlmöglichkeiten bei der Gestaltung ihrer Arbeitszeit. So sollten sie beispielsweise zwischen Teilzeit- und Vollzeitarbeit wechseln können, „ohne dadurch langfristig berufliche Nachteile in Kauf nehmen zu müssen“.
Das sagte Schröder am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa am Rande eines Spitzentreffens mit der Wirtschaft zur Familienpolitik. Bei der Konferenz in Berlin will auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für familienfreundliche Arbeitszeiten werben.
Die vor zwei Jahren von Regierung und Wirtschaft unterzeichnete „Charta für familienbewusste Arbeitszeiten“ bezeichnete Schröder als Erfolg: „Diese Entwicklung wollen wir fortsetzen und verstetigen.“
Im „ARD“-Morgenmagazin verlangte Schröder, dass Eltern, die zur Erziehung von Kindern in Teilzeit gegangen sind, „einen Rechtsanspruch auf Rückkehr in Vollzeit“ bekommen müssen. Hier gebe es beim Koalitionspartner FDP leider einige Skepsis. „Insofern wird das sicherlich ein großes Thema im Bundestags-Wahlkampf werden.“
Schröder forderte auch mehr Teilzeitstellen mit etwa 30 Wochenstunden. Dies würden sich viele junge Eltern wünschen. Ein weiteres Thema seien Betriebs-Kitas. „Auch hier, finde ich, ist die Wirtschaft echt in der Pflicht. Man kann nicht immer nur nach dem Staat rufen.“ Schröder kritisierte die noch immer in vielen Unternehmen gepflegten „Präsenzrituale“, von denen man sich verabschieden müsse.
Ähnlich äußerte sich SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles im rbb-Inforadio: „Es gibt immer noch eine große Präsenzkultur, das heißt, diejenigen zählen viel, die lange im Büro bleiben und Überstunden schieben. Diejenigen, die vielleicht 30 Stunden sehr produktiv arbeiten, werden dagegen karrieretechnisch zurückgestellt.“
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) beklagte, dass die Rückkehr von Müttern in die Erwerbstätigkeit „nur selten reibungslos“ funktioniere. Die Möglichkeiten zur Anpassung der Arbeitszeit seien begrenzt, bedauerte die Vizevorsitzende Ingrid Sehrbrock in der „Passauer Neuen Presse“. Erforderlich seien aber an die Bedürfnisse der Familien angepasste Arbeitsarrangements, „die die Existenz sichern und die im Alter nicht zur Armut führen“. Auch ein gesetzlicher Anspruch auf Rückkehr zur Vollzeit sei „überfällig“.
Die IG Metall stellte das als „Familiengipfel“ bezeichnete Treffen mit der Wirtschaft infrage: „Diese Schaufensterpolitik im Wahljahr bringt keiner Frau auch nur einen Zentimeter mehr Wahlfreiheit, und das ist es, was wir brauchen“, monierte das geschäftsführende Vorstandsmitglied der IG Metall in Frankfurt, Christiane Benner.
Der Bundesvorsitzende der Arbeiterwohlfahrt, Wolfgang Stadler, erläuterte: „Es fehlen vor allem eine gute Ganztagskinderbetreuung für Kita- und Schulkinder und flexible Arbeitszeitmodelle.“ Caritas-Präsident Peter Neher forderte: „Nicht die Familien müssen arbeitsmarktgerechter, sondern der Arbeitsmarkt muss familiengerechter werden.“
Die Arbeitsgemeinschaft der deutschen Familienorganisationen sprach von fehlender Rücksicht auf die Lebenswirklichkeit von Familien. Ihr Vorsitzender Klaus Zeh erläuterte: „Was Familien vor allem brauchen, ist eine veränderte Unternehmenskultur, die familiäre Verantwortung nicht als Störfaktor, sondern als Bereicherung betrachtet.“ Der Deutsche Familienverband bescheinigte der Regierung, sie habe das Thema in Angriff genommen. „Aber die Umsetzung hakt und vieles ist in Symbolismus und Aktionismus stecken geblieben.“