SPD will Agenda „ins Lot“ bringen

Die Partei will die eigene, vor zehn Jahren erarbeitete Reform in Teilen korrigieren. Vor allem bei der Leiharbeit sei vieles in die falsche Richtung gegangen.

Berlin. Ein flächendeckender Mindestlohn, eine „Solidarrente“ und Steuererhöhungen für Spitzenverdiener — mit dem Ruf nach mehr sozialer Gerechtigkeit und Umverteilung zieht die SPD in den Bundestagswahlkampf. Die Partei korrigiert damit auch Teile der umstrittenen Agenda 2010.

Der Vorstand verabschiedete am Montag das entsprechende Wahlprogramm. In seiner Zeit als Bundesfinanzminister hatte Kanzlerkandidat Peer Steinbrück einen Mindestlohn noch vehement abgelehnt — nun fordert er ihn. Genauso wie Steuererhöhungen für Reiche. Das und noch viel Soziales mehr ist nun im Wahlprogramm nachzulesen.

Eine Abkehr von der Agenda 2010? Das deutsche Wirtschaftsmodell bedürfe einer Erneuerung, denn vieles sei „aus dem Lot geraten“, konterte Steinbrück.

Teilnehmern zufolge wurden vor der Beschlussfassung im SPD-Vorstand noch einige Dutzend Änderungsanträge behandelt, von denen sich aber nur die wenigsten durchsetzen konnten. Ins Programm aufgenommen wurde allerdings ein Vorstoß der SPD-Linken Elke Ferner, wonach bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nicht nur die Tariftreue sondern auch die Entgeltgleichheit und Frauenförderung zu den Kriterien gehören sollen.

In dem Programm mit dem Titel „Deutschland besser und gerechter regieren: Für ein neues soziales Gleichgewicht in unserem Land“ verspricht die SPD, „keine unrealistischen Wahlversprechen“ zu machen. Die wichtigsten Vorhaben im Einzelnen:

Die SPD will prekäre Beschäftigungsverhältnisse wie Leiharbeit und Mini-Jobs „zurückdrängen“. Mini-Jobs sollen besser sozial abgesichert werden, Leiharbeiter den gleichen Lohn wie Stammbeschäftigte erhalten. Unter dem Stichwort Arbeitsmarktflexibilisierung hatte die Agenda 2010 gerade der prekären Beschäftigung Tür und Tor geöffnet. Hier sei die Agenda in die „falsche Richtung“ gegangen, meinte Parteichef Sigmar Gabriel.

Die SPD fordert einen flächendeckenden Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro. Dieser Einstiegsbetrag soll von einer Expertenkommission regelmäßig überprüft und angepasst werden.

Eine „Solidarrente“ soll dafür sorgen, dass die Altersbezüge bei 30 Beitragsjahren und 40 Versicherungsjahren nicht unter 850 Euro liegen. Außerdem will die SPD die Rente mit 67 so lange aussetzen, bis mindestens die Hälfte der über 60-jährigen einen sozialversicherungspflichtigen Job hat.

Der Spitzensteuersatz von heute 42 bzw. 45 Prozent soll für Einkommen ab 100 000 Euro für Ledige (Verheiratete: 200 000) auf 49 Prozent steigen. Die Abgeltungssteuer für Kapitaleinkünfte steigt von 25 auf 32 Prozent.

Familien mit einem Erwerbseinkommen von weniger als 30 000 Euro im Jahr sollen bis zu 140 Euro mehr Kindergeld pro Kind und Monat bekommen. Zusammen mit dem Mindestlohn soll das dazu führen, dass Eltern mit Vollzeitjob nicht in die Bedürftigkeit abrutschen.