Schulz: Statt Außenamt außen vor

Nach massivem Druck vor allem aus NRW verzichtet der scheidende SPD-Vorsitzende auch auf den angestrebten Ministerposten.

Abgang: Die politische Karriere des Noch-SPD-Parteivorsitzenden Martin Schulz dürfte nach seinem Verzicht auf das Amt als Außenminister in einer möglichen großen Koalition beendet sein. Foto: dpa

Foto: Oliver Berg

Berlin/Düsseldorf. Die politische Berg- und Talfahrt des Martin Schulz ist um eine weitere dramatische Wendung reicher: Gestern gab er dem Druck aus der SPD nach und erklärte nach seinem Rückzug vom Parteivorsitz auch den Verzicht auf den Posten des Außenministers. Er hoffe inständig, „dass damit die Personaldebatten innerhalb der SPD beendet sind“.

Tatsächlich wurden sie danach aber zunächst weiter angeheizt. Denn nun ist die Frage offen, wer aus der SPD das Außenministerium übernehmen soll. Der frühere Parteichef und geschäftsführende Außenminister Sigmar Gabriel würde gerne im Amt bleiben, hat aber viele in der Partei durch seine massive Schulz-Kritik vom Vortag selbst verärgert. Der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, sprach sich allerdings dafür aus, dass Gabriel bleibt.

Schulz’ gänzlicher Rückzug nur zwei Tage nach seiner Erklärung, den Parteivorsitz an Andrea Nahles abzutreten und dafür Außenminister werden zu wollen, kam offenbar vor allem auch auf Druck aus seinem eigenen Landesverband Nordrhein-Westfalen zustande.

NRW-Parteichef Michael Groschek hatte zwar am Tag zuvor Schulz’ Ministerbegehren noch mühsam verteidigt, allerdings schon da ein Glaubwürdigkeitsproblem eingeräumt. Schließlich hatte Schulz im September einen Eintritt in ein Kabinett Merkel noch kategorisch ausgeschlossen. Der Unmut der Genossen darüber drohte die Mehrheit für den Koalitionsvertrag im anstehenden Mitgliederentscheid massiv zu gefährden. Er wird vom 20. Februar bis 2. März stattfinden.

Bei einer Telefonkonferenz des Landesvorstands am Donnerstag soll es nach übereinstimmenden Medienberichten massive Kritik an Schulz gegeben haben. Auch von einem Ultimatum an Schulz, bis Freitagnachmittag auf das Außenamt zu verzichten, ist die Rede.

Am Freitag zollten Groschek, der Fraktionsvorsitzende im Landtag, Norbert Römer, und der Vorsitzende der NRW-Landesgruppe im Bundestag, Achim Post, Schulz in einer gemeinsamen Erklärung „großen Respekt“: „Damit leistet er einen notwendigen Beitrag dazu, die Glaubwürdigkeit der SPD zu stärken. Jetzt geht es darum, die vielen positiven sozialdemokratischen Inhalte des Koalitionsvertrages in den Mittelpunkt zu rücken und zahlreiche Verbesserungen für die Menschen im Land umzusetzen.“

Auch die designierte SPD-Vorsitzende Andrea Nahles bescheinigte Schulz „beachtliche menschliche Größe“. „Wir alle wissen, wie schwer ihm diese Entscheidung nun gefallen ist“, erklärte die SPD-Fraktionschefin.

„Die Entscheidung von Martin Schulz verdient höchsten Respekt und Anerkennung“, sagte Nahles. Mit Schulz an der Spitze habe die SPD einen großen Erfolg in den Koalitionsverhandlungen erzielt. „Er selbst hat einen Durchbruch für eine neue Europapolitik erreicht.“

Im Kampf um das Außenministerium demonstrierte Gabriel am Freitag Handlungsbereitschaft. Das Auswärtige Amt teilte mit, dass der geschäftsführende Minister jetzt doch an diesem Wochenende an der Münchner Sicherheitskonferenz teilnimmt. Ein Konferenzsprecher hatte am Donnerstag noch gesagt, dass Gabriel seinen geplanten Auftritt abgesagt habe. Schulz habe dagegen zugesagt; dies dementierte die SPD allerdings später.

Neben Gabriel werden auch der bisherige Justizminister Heiko Maas, der Hamburger Bundestagsabgeordnete Niels Annen, Bundesfamilienministerin Katarina Barley und der frühere Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann gehandelt. dpa/er