So würden Eltern das Geld vom Staat verteilen
Väter und Mütter fordern, das Angebot an Ganztagsschulen auszubauen und Gutverdienern das Elterngeld zu kürzen.
Berlin. Die Eltern stellen der deutschen Familienpolitik ein vernichtendes Zeugnis aus. Auf ihr Wahlverhalten hat das jedoch voraussichtlich kaum Einfluss, denn nur die wenigsten wissen, was die einzelnen Parteien familienpolitisch überhaupt wollen. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der Zeitschrift „Eltern“, die gestern vorgestellt wurde.
Nach der im Januar durchgeführten Befragung unter Eltern von Kindern bis 18 Jahre können 61 Prozent keine konkrete familienpolitische Zielrichtung der amtierenden Bundesregierung erkennen. Die Experten führen das auf die unterschiedlichen Signale der Koalition zurück: Einerseits wird der Kita-Ausbau forciert, andererseits greift mit dem Betreuungsgeld ab August erstmals eine familienpolitische Leistung, die den Verzicht auf einen Kita-Platz voraussetzt. Obwohl die Wahlfreiheit bei den Eltern hoch im Kurs steht, wird dies als eklatanter Widerspruch empfunden.
Hier müsste auch die Opposition ihre Politik überdenken: Während SPD und Grüne über eine Abschaffung des steuerlichen Ehegattensplittings nachdenken, spricht sich eine klare Eltern-Mehrheit (81 Prozent) für diesen Steuervorteil aus. Dabei liegt die Zustimmung der Sympathisanten der SPD mit 83 Prozent sogar über dem Durchschnitt. Durch das Splitting wird die Alleinverdiener-Ehe finanziell begünstigt. Genau dieses Lebensmodell — der Mann arbeitet Vollzeit, die Frau erzieht daheim die Kinder — bevorzugen jedoch nur sechs Prozent der Mütter und Väter. Für „Eltern“-Chefredakteurin Marie-Luise Lewicki passt das trotzdem zusammen: Der Gedanke, dass ein Partner zeitweilig sehr wenig verdiene, sei den meisten Eltern nicht fremd. Deshalb dürfe der Staat diesen Fall nicht ignorieren.
Könnten die befragten Eltern selbst über eine Verwendung der 200 Milliarden Euro bestimmen, die der Staat jährlich für familienpolitische Leistungen ausgibt, dann würden sie zuallererst mehr Geld in die frühe Förderung benachteiligter Kinder stecken. Das sagen immerhin 93 Prozent der Mütter und Väter. 87 Prozent wünschen sich ein flächendeckendes Angebot an Ganztagsschulen.
Gut zwei Drittel der Eltern sagen, für Familien mit einem Bruttoeinkommen von über 100 000 Euro im Jahr sei eine Kürzung des Elterngeldes vertretbar.
Nach Einschätzung von Forsa-Chef Manfred Güllner hat das nichts mit den familienpolitischen Angeboten der Grünen zu tun. Die Vorliebe für die Grünen erkläre sich schlicht aus der Tatsache, dass die Partei bei den 30 bis 40-Jährigen besonders viel Anhänger habe. In diesem Alter sind auch die meisten Eltern.