SPD-Führung setzt Werbetour für Koalitionsvertrag fort
Berlin/Leverkusen/Baunatal (dpa). Die SPD-Führung setzt am Montag ihre Werbetour an der Basis für den Koalitionsvertrag mit der Union fort. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft will ab 18.00 Uhr in Leverkusen bei einer zweiten Regionalkonferenz der NRW-SPD um die Zustimmung der Parteibasis werben.Der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel will sich im hessischen Baunatal für die Zustimmung der Mitglieder stark machen.
Bundesweit sind rund 475 000 SPD-Mitglieder aufgerufen, über die Regierungsbildung in Berlin zu entscheiden. Das Ergebnis soll am 14. Dezember bekanntgegeben werden.
Nach Einschätzung ihrer Generalsekretärin Andrea Nahles wird die SPD künftig Mitgliederbefragungen nur sehr dosiert vornehmen. „Ich glaube nicht, dass wir jetzt alle paar Wochen so etwas machen können und wollen“, sagte Nahles am Sonntag in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“.
Ein Mitgliedervotum sei „logistisch und vom Vorlauf ein Riesenaufwand“. Sie könne sich aber vorstellen, dass die SPD auch zum nächsten Koalitionsvertrag 2017 ein solches Votum einholen werde. „Ich finde das auch in Ordnung. Aber das sind schon besondere Sachen. Das muss man nicht inflationär machen“, sagte Nahles.
In der Diskussion über die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des Mitgliedervotums erhält die SPD Unterstützung vom stellvertretenden CSU-Vorsitzenden Peter Gauweiler. Es sei ihm „jenseits aller verfassungsrechtlichen Erwägungen lieber, wenn die Parteibasis einbezogen wird und schließlich eine ganze Partei Farbe bekennt“, sagte er dem „Handelsblatt“ (Montag).
Der Vorwurf, die SPD-Parteimitglieder seien nicht legitimiert, über eine Regierungsbildung zu befinden, gehe ins Leere. „Wir hatten in der Bundesrepublik auch die Situation, dass sich letztlich der 20-köpfige FDP-Bundesvorstand festgelegt hat, ob es eine schwarz-gelbe oder eine rot-gelbe Koalition gibt. Da waren Zweifel an der Legitimation mindestens genauso angebracht“, sagte Gauweiler.
Trotz aller Kritik der Basis am Koalitionsvertrag rechnet SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil doch mit deren Zustimmung: „In einem großen Teil unser Mitgliedschaft wächst das Bewusstsein, dass wir in den Verhandlungen eine Menge herausgeholt haben und man diesem Koalitionsvertrag mit guten Gewissen zustimmen kann“, sagte er den Dortmunder „Ruhr Nachrichten“ (Montag).
In der Diskussion um die Verteilung der Ressorts werden jetzt auch in der Union Forderungen nach bestimmten Ministerien laut. Thüringens CDU-Fraktionschef Mike Mohring verlangte, die Union müsse die Ressorts für Finanzen, Familie und Bildung besetzen.
„Neben dem Zugriff auf das Finanzministerium muss sich die Union in der großen Koalition bei den gesellschaftspolitischen Themen die Schlüsselressorts sichern. Das sind die Ministerien für Bildung und für Familie“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Montag).
Scharfe Kritik am Koalitionsvertrag von Union und FDP kommt von der aus dem Bundestag geflogenen FDP. Deren designierter neuer Vorsitzender Christian Lindner monierte in der „Bild“-Zeitung (Montag): „Die große Koalition gefährdet Deutschlands Zukunft. Der großen Koalition fehlen die großen Ideen. Sie will Zukunft verbrauchen, anstatt sie zu gestalten.“
Lindner kritisierte unter anderem die geplanten Mehrausgaben von 23 Milliarden Euro: „Wir empfehlen ausländischen Partnern zu sparen, verprassen aber selber Milliarden für teure Wahlgeschenke.“