SPD klarer Favorit in Berlin

Berlin (dpa) - Vorfreude bei der SPD, große Sorgen bei der schwarz- gelben Koalition im Bund: Das sind die Vorzeichen für die Berlin-Wahl an diesem Sonntag.

Mit ihr endet das Superwahljahr 2011 mit sieben Landtagswahlen. Rund 2,47 Millionen wahlberechtigte Berliner sind aufgerufen, über die Zusammensetzung des 17. Abgeordnetenhauses abzustimmen.

Nach allen Umfragen zeichnet sich ein deutlicher Sieg der Hauptstadt-SPD mit Werten zwischen 29,5 und 32 Prozent ab. Für den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (57) wäre es der dritte Sieg in Folge. Auch die Grünen können trotz eines Abrutschens in den Umfragen von 30 auf 20 Prozent mit kräftigen Zuwächsen im Vergleich zu 2006 rechnen.

Die FDP droht dagegen an der Fünf-Prozent-Hürde zu scheitern. Schuld daran ist möglicherweise auch die junge, auf Bürgerrechts- Themen spezialisierte Piratenpartei, die bei Umfragewerten von 6,5 bis 9,0 Prozent erstmals in ein Landesparlament einziehen könnte.

Der CDU bleibt voraussichtlich die Blamage erspart, den zweiten Platz an die Grünen zu verlieren. Doch ein Regierungswechsel zugunsten der Union liegt in Berlin auch unter Spitzenkandidat Frank Henkel (47) in weiter Ferne. Die bisher an der Regierung beteiligte Linkspartei steht vor deutlichen Einbußen.

Für die schwarz-gelbe Bundesregierung wird die Luft in den Ländern immer dünner. Von den vorausgegangenen sechs Landtagswahlen hat die SPD in vier Ländern gewonnen: Hamburg, Bremen, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern. Die CDU verteidigte ihre führende Stellung zwar in Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg. Aufgrund der Schwäche der FDP kam in Stuttgart jedoch der bundesweit erste Grünen- Ministerpräsident mit Hilfe der SPD an die Macht.

Noch dramatischer stellt sich die Situation für die FDP dar. Mit Werten von 3 bis 4 Prozent muss sie um den Wiedereinzug ins Abgeordnetenhaus zittern. Sollte es nicht reichen, fliegt die FDP das fünfte Mal in diesem Jahr aus einem Landesparlament. Die Niederlagen in Bremen, Schwerin und vielleicht Berlin muss bereits der neue FDP-Chef Philipp Rösler verantworten.

Zusammen mit dem Berliner FDP-Vorsitzenden Christoph Meyer (36) funktionierte Rösler die Berlin-Wahl zur Abstimmung über den auch in der Koalition umstrittenen Euro-Rettungskurs um - eine Politik der gezielten Nadelstiche gegen die CDU und die Kanzlerin. Meyer sagte der „Bild am Sonntag“, die Euro-skeptische Wahlkampfstrategie seines Landesverbandes sei mit der Bundespartei vereinbart worden. Jede Stimme für die Berliner FDP sei Rückenwind für den Euro-kritischen Kurs der Partei und richte sich „gegen den Ausverkauf deutscher Interessen in der Eurokrise“.

Die SPD kann nach dem Sieg in Mecklenburg-Vorpommern mit einem Plus von mehr als 5 Punkten auf 35,7 Prozent voraussichtlich den zweiten deutlichen Wahlerfolg einheimsen. Allerdings wird die SPD in Berlin kein großes Plus verbuchen können. Denn die Grünen und die Piratenpartei ziehen bei den etablierten Parteien Stimmen ab. Zudem fürchten die Sozialdemokraten, dass viele ihrer Wähler wie 2006 zuhause bleiben.

Spannend bleibt in der Hauptstadt, mit wem die SPD koalieren wird. Grüne und Linke betonten bei ihren Abschlusskundgebungen am Freitag erneut, sie würden am liebsten mit der SPD regieren. Eine dritte Auflage des rot-roten Regierungsbündnisses ist jedoch wegen der schwachen Linken unter ihrem Spitzenkandidaten Harald Wolf (55) mit Werten zwischen 11 und 12 Prozent eher unwahrscheinlich.

Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast (55) hatte ihre Niederlage im Rennen um das höchste Regierungsamt schon eine gute Woche vor der Wahl eingestanden. Wowereit und die SPD halten sich jedoch alle Koalitionsoptionen - auch mit der CDU - offen.

Die Abgeordnetenhauswahl 2006 gewann die SPD mit 30,8 Prozent sehr deutlich vor der CDU mit 21,3 Prozent. Die Linke landete mit 13,4 Prozent knapp vor den Grünen mit 13,1 Prozent. Die FDP erzielte 7,6 Prozent, die sonstigen Parteien 13,7 Prozent. Die Wahlbeteiligung erreichte 2006 mit 58,0 Prozent ihren tiefsten Stand seit 1990.