Kuriose Nachwahl auf Rügen

CDU empfiehlt, nicht für den eigenen Kandidaten zu stimmen.

Schwerin. Die Landtagswahl vor zwei Wochen hat die Machtverhältnisse in Mecklenburg-Vorpommern längst geklärt. Dennoch legen sich alle Parteien beim Kampf um die Stimmen bei einer Nachwahl auf der Ostseeinsel Rügen ins Zeug. Weil die Grünen morgen der rechtsextremen NPD noch ein Mandat abjagen könnten, hoffen sie auf Leihstimmen von SPD und CDU.

Die Wahl im Wahlkreis 33 war verschoben worden, weil der CDU-Direktkandidat Udo Timm kurz vor der Landtagswahl am 4. September gestorben war. Nun rechnen sich die Grünen aus, dass sie ein siebtes Mandat hinzugewinnen und damit der NPD eines von bisher fünfen abjagen könnten. Dazu muss die Wahlbeteiligung hoch sein, und die Grünen müssen 20 Prozent der Stimmen holen.

Weil sie dies allein kaum schaffen können, schrieben die Grünen-Bundesparteichefs Claudia Roth und Cem Özdemir einen Brief an SPD und CDU und baten um Hilfe. Immerhin gehe es das gemeinsame Ziel, die NPD klein zu halten. Die Linkspartei hatte da ihr Wähler bereits aufgerufen, auf Rügen für die Grünen zu stimmen. Bei der SPD stießen die Grünen indes auf wenig Gegenliebe.

Deren Partei-Rechner hatten bemerkt, dass es nicht die NPD, sondern die Sozialdemokraten treffen könnte, wenn Wahlbeteiligung und Stimmenverteilung nur etwas anders ausfallen, als von den Grünen erhofft. Bei der CDU Stimmen zu fischen, könnte den Grünen da leichter fallen. Zumindest haben die Christdemokraten aufgerufen, irgendeinen demokratischen Kandidaten zu wählen — nur nicht ihren eigenen.

Der für Timm nachnominierte Bewerber Thomas Gens war vor zehn Jahren noch Mitglied in der rechtsextremen DVU, was in der CDU bislang niemand gewusst haben will. Aber die CDU kam zu spät, um Gens wieder von den Wahlzetteln streichen zu lassen. Gens aber sieht sich längst politisch geläutert und sieht überhaupt nicht ein, warum er einen Rückzieher machen soll. Die CDU-Wahlempfehlung könnte andererseits auch dem FDP-Direktkandidaten nützen. Er wäre im Erfolgsfall der einzige Liberale im Landtag, da die FDP den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde nicht mehr schaffen kann.

Einfluss auf die laufenden Sondierungsgespräche des Wahlsiegers SPD hat die Nachwahl freilich nicht. In zwei vertraulichen Runden hat Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) bereits ausgelotet, ob er das bisherige Bündnis mit der CDU fortsetzen will oder sich lieber mit der Linkspartei zusammentut.