Politprominenz wirbt vor Berlin-Wahl um Stimmen

Berlin (dpa) - Mit großen Kundgebungen sind die etablierten Parteien am Freitag in den Endspurt des Wahlkampfes in Berlin gegangen. Rund 2,47 Millionen Berliner sind an diesem Sonntag aufgerufen, über die Zusammensetzung des 17. Abgeordnetenhauses abzustimmen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) attackierte heftig den rot-roten Senat. SPD-Spitzenkandidat Klaus Wowereit teilte in außergewöhnlich scharfen Worten gegen die Grünen aus. Die Grünen forderten von Wowereit ein Koalitionsaussage noch vor der Wahl.

Merkel kritisierte unter dem Beifall der nach CDU-Angaben rund 2000 Zuhörer: „Berlin ist die Hauptstadt der Kinderarmut, es fehlen 23 000 Kita-Plätze, Berlin hat das schlechteste Bildungssystem aller Bundesländer.“ Sie verteidigte ihren Kurs in der EU-Schuldenkrise, ohne konkret ihren Koalitionspartner FDP anzusprechen. Stattdessen heizte der Berliner CDU-Spitzenkandidat Frank Henkel den Streit zwischen Union und FDP weiter an. „Verzweifelte Parteien greifen zu verzweifelten Mitteln“, sagte der 47-Jährige. Er spielte auf die umstrittene Äußerung von FDP-Chef Philipp Rösler an, der über eine geordnete Insolvenz Griechenlands gesprochen hatte.

Der Regierende Bürgermeister Wowereit griff die Grünen scharf an: „Ich kann mich nur wundern, dass die Partei, die in freiem Fall ist von 30 Prozent auf unter 20, Bedingungen stellt.“ Er warf den Grünen vor, die Entwicklung Berlins zu behindern, weil sie gegen den neuen Flughafen, den Autobahnausbau und die Touristen seien. Über die Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast sagte Wowereit: „Liebe Renate, dumm gelaufen.“ In Richtung des SPD-Bundesvorsitzenden Sigmar Gabriel fügte er hinzu: „Lieber Sigmar Gabriel, herzliches Beileid, sie wird im Bundestag bleiben.“ Prominente Unterstützung bei der Kundgebung erhielt die SPD auch vom prominenten amerikanischen Schauspieler Larry Hagman, bekannt als J. R. Ewing aus der Serie „Dallas“.

Baden-Württembergis Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne) sagte Künast ein „fulminantes Ergebnis“ voraus. „Ich glaube an Wunder in der Politik“, sagte der erste Ministerpräsident der Grünen. Künast sagte: „Wir werden an diesem Sonntagabend unser Berliner Rekordergebnis kriegen und dann werden wir verhandeln für Berlin.“ Grünen-Bundeschefin Claudia Roth forderte von Wowereit eine Koalitionsaussage noch vor der Wahl: „Wir wollen wissen, was Sie wollen.“

Die Linke sandte klare Signale für eine Fortsetzung der rot-roten Koalition aus. Spitzenkandidat Harald Wolf und der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, vertraten vor rund 200 Zuhörern die Auffassung, dass Wowereit nur mit der Linken erfolgreich sein könne. Gysi sagte. „Wowi bleibt nur Wowi mit einer starken Linken an seiner Seite.“

Die Piraten verzichteten auf eine Abschlusskundgebung und versammelten sich stattdessen auf der Spree mit mehreren Booten. Die FDP hatte bereits am Donnerstagabend zur Abschlusskundgebung gebeten.

Alle Umfragen der vergangenen Monate sagen der SPD mit Werten zwischen 29,5 und 32 Prozent den Wahlsieg voraus. Für Wowereit wäre es der dritte Sieg in Folge. Eine dritte Auflage des rot-roten Regierungsbündnisses ist jedoch wegen der schwachen Linken mit Werten zwischen 11 und 12 Prozent eher unwahrscheinlich.

Der eigentliche Überraschungsgewinner der Wahl in Berlin dürfte die Piratenpartei werden, der Werte zwischen 6,5 bis sogar 9,0 Prozent vorausgesagt werden. Die Grünen fielen dagegen nach ihrem Umfrage-Hoch vor einem Jahr mit Werte zwischen 18 bis 20 Prozent inzwischen deutlich auf Platz 3 zurück. Die CDU muss nach den jüngsten Prognosen nicht länger fürchten, erstmals in der Berliner Nachkriegsgeschichte auf Platz 3 abzurutschen. Die FDP mit ihrem Spitzenkandidaten Christoph Meyer (36) muss allerdings damit rechnen, mit Werten zwischen drei und vier Prozent nicht wieder ins Landesparlament einzuziehen.

Im Bund konnte die FDP dagegen nach dem aktuellen ARD-„Deutschlandtrend“ wieder um zwei Punkte zulegen und kommt nun auf 5 Prozent. Auch die Grünen gewannen im Vergleich zur Umfrage vor einer Woche einen Punkt hinzu und liegen jetzt bei 19 Prozent. Die SPD erhält weiterhin 30 Prozent. Die Union verliert zwei Punkte auf 33 Prozent. Die Linke käme auf nur 7 Prozent.