SPD lässt bei Hartz-Reform Muskeln spielen

Berlin (dpa) - Die Bundesländer wollen beim schwarz-gelben Gesetzespaket zu neuen Hartz-IV-Sätzen und zum Bildungspaket für bedürftige Kinder ein entscheidendes Wort mitreden. Der Bundesrat meldete umfangreiche Änderungswünsche an.

Die SPD-geführten Länder lehnten das gesamte Vorhaben, das der Zustimmung der Länderkammer bedarf, als unzureichend ab und stellten weiterreichende Forderungen, bekamen dafür aber keine Mehrheit. Damit zeichnen sich schwierige Kompromissgespräche ab.

Die entscheidende Abstimmung steht am 17. Dezember an, der letzten regulären Bundesratssitzung in diesem Jahr. Voraussichtlich erhält das Vorhaben dort keine Mehrheit. Damit dürfte eine Lösung erst Anfang 2011 im Wege eines Vermittlungsverfahrens zwischen Bundesrat und Bundestag gefunden werden. Die Änderungen hatte das Bundesverfassungsgericht verlangt und dafür eine Frist bis Jahresende gesetzt.

Nach dem Willen der Bundesregierung soll der Hartz-IV-Regelsatz um 5 auf 364 Euro steigen. Die mehr als 1,7 Millionen Kinder in Hartz- IV-Familien sollen bessere Bildungs- und Freizeitangebote bekommen. Dafür sollen gut 600 Millionen Euro zusätzlich locker gemacht werden. Für Musikunterricht und Beiträge in Sportvereinen stehen dann pro Kind und Monat etwa zehn Euro zur Verfügung.

Der nordrhein-westfälische Sozialminister Guntram Schneider (SPD) erteilte dem Gesetzentwurf der Regierung eine Absage: Er genüge den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an eine transparente Berechnung der Regelsätze nicht. „Es gibt also viel Korrekturbedarf, bevor dem Gesetzespaket zugestimmt werden kann.“ Die zehn Euro pro Kind reichten vielleicht für den Monatsbeitrag im Fußballverein, „für die Fußballschuhe reichen sie bei weitem nicht“. Durch Gutscheine für Bildungsleistungen würden die betroffenen Kinder zudem diskriminiert.

Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Ralf Brauksiepe (CDU), wies die Vorwürfe zurück. Man habe „sauber“ gerechnet und strebe über eine Direktabrechnung mit den Leistungsanbietern auch eine diskriminierungsfreie Lösung an. Bei der Aufgabe, bedürftigen Kindern mehr Bildung und Teilhabe zu ermöglichen, müssten Schulen, Kommunen und Jobcenter ihre „Kräfte bündeln“. Die Festsetzung der Regelsätze müsse auch jene berücksichtigen, die jeden Tag arbeiten gingen und das alles mit ihren Steuern bezahlen müssten.

Für die Verwaltung des Bildungspakets will Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) in den Jobcentern 1300 neue Stellen schaffen. Nach den Plänen der schwarz-gelben Koalition sollen diese Beschäftigten für die Verwaltung und Ausgabe von Gutscheinen für Nachhilfe oder Musikunterricht zuständig sein.

Ein Sprecher von der Leyens verteidigte die Stellenausweitung. Das „qualitativ neue“ Bildungspaket bringe automatisch mehr Verwaltungsaufwand mit sich. Nicht alle der neuen Beschäftigten bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) sollten aber mit diesen Aufgaben befasst werden. Die Mehrkosten seien in den für Verwaltungskosten veranschlagten 135 Millionen Euro enthalten.

Nach Ansicht der Opposition entpuppt sich damit das Projekt immer mehr als „bürokratisches Monstrum“. „Ministerin von der Leyen schafft eine neue Bildungsbürokratie, die niemand will“, kritisierte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Die Hilfen sollten direkt bei den Kindern ankommen. Deshalb sollten sie von den Kommunen organisiert werden - „Gutscheinverwalter“ seien überflüssig.