Staatliche Schnüffelsoftware legte Computer lahm
Potsdam/Berlin/München (dpa) - Der Einsatz eines Staatstrojaners hat den Computer eines Tatverdächtigen in Brandenburg außer Gefecht gesetzt. Das berichtete die Tageszeitung „Potsdamer Neueste Nachrichten“ am Donnerstag.
In einem Verfahren der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) und des Zolls, die einen Verdächtigen wegen Steuerbetrugs durch illegalen Zigarettenhandel per internationalem Haftbefehl suchten, sei es zu der Panne gekommen. „Der Computer des Verdächtigen wurde durch das Überspielen des Trojaners beschädigt und die Festplatte lahmgelegt“, heißt es in dem Bericht.
In einem anderen Fall habe der Zoll die Software Ende 2010 bei erfolgreichen Ermittlungen gegen eine internationale Betrüger-Bande eingesetzt, die mit gefälschen Potenzmitteln im Internet handelte. In zwei weiteren Verfahren sei der Staatstrojaner zur Überwachung der Internettelefonie trotz einer Erlaubnis durch Gerichte nicht zum Einsatz gekommen. Ein Verdächtiger habe nicht über das Internet telefoniert. In einem anderen Fall habe die Antivirus-Software auf dem Computer den Trojaner blockiert.
Unklar ist aber weiterhin, welche Varianten der staatlichen Schnüffelsoftware bislang in Deutschland eingesetzt wurden. Der Geheimdienstkoordinator im Bundeskanzleramt, Günter Heiß, der die Fachaufsicht über den Bundesnachrichtendienst ausübt, sagte den „Stuttgarter Nachrichten“, die Landesbehörden bekämen „multifunktionale Rohlinge“. Diese hätten als Prototypen weit mehr Fähigkeiten als rechtlich zugelassen. Die Ermittler selbst seien gehalten, die Fähigkeiten der Spionage-Software auf jenes Maß zu reduzieren, das die Gerichte vorgegeben haben. „Behörden, die die Programme nutzen, müssen die Software für jeden einzelnen Zugriff zuschneiden, dass es im Rahmen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zulässig ist.“
Dies widerspricht den Angaben der hessischen Firma Digitask, die unter anderem den vom Chaos Computer Club analysierten Trojaner programmiert hatte, der in Bayern zum Einsatz kam. Ein Sprecher von Digitask hatte betont, maßgeschneiderte Programme herzustellen und an die Kunden auszuliefern.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) plädierte vor diesem Hintergrund für eine technische Einschränkung von Online-Überwachungsprogrammen. Sie sprach sich dafür aus, die umstrittene Aufnahme von Bildschirmfotos nicht mehr zuzulassen. Außerdem regte die Ministerin einheitliche Regelungen für den Umgang mit der Überwachungs-Software bei allen Sicherheitsbehörden und für die Gesetzgebung des Bundes und der Länder an.
Die entscheidende Frage sei, ob beim Einsatz der Trojaner rechtswidrige Funktionen ausgeschlossen werden könnten. „Es muss Aufklärung da sein, was kann ein Trojaner und was kann er nicht?“