Steinbrück gerät wegen seiner Nebeneinkünfte unter Druck
Berlin (dpa) - SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück gerät wegen seiner Nebeneinkünfte in Höhe von etwa zwei Millionen Euro und neuer Ungereimtheiten zunehmend in die Defensive.
Steinbrück soll neben den 1,25 Millionen Euro für Vorträge in dieser Wahlperiode noch Buchhonorare von mindestens einer halben Million Euro erzielt haben, berichteten das Magazin „Focus“ und die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ (FAS). Die SPD-Linke warf ihm fehlendes Fingerspitzengefühl vor. Laut einer Umfrage halten die Bundesbürger Kanzlerin Angela Merkel (CDU) für viel glaubwürdiger als Steinbrück. Die SPD liegt in der Sonntagsfrage weiter unter 30 Prozent.
Zu dem Nebenverdienst kommen noch knapp 115 000 Euro hinzu, die Steinbrück bereits als Vergütung für sein Aufsichtsratsmandat beim Stahlkonzern ThyssenKrupp erhalten hat. Noch ausstehend sei ein Betrag von rund 65 000 Euro, der Steinbrück für das abgeschlossene Geschäftsjahr zustehe, berichtet „Focus“. Zudem habe er eine fünfstellige Summe für ein Interview im Geschäftsbericht des Baukonzerns Bilfinger Berger erhalten. Steinbrück wollte sich zu den neuen Zahlen nicht äußern. „Es ist alles gesagt“, erklärte sein Sprecher.
Die Stadtwerke Bochum lenkten im Streit mit Steinbrück um ein 25 000-Euro-Honorar ein. Sie unterzeichneten nach eigenen Angaben eine Unterlassungserklärung und erklärten in einer Pressemitteilung vom Sonntag: „Es gab keine Absprachen der Stadtwerke Bochum - weder schriftlich noch mündlich - mit Herrn Steinbrück, dass er sein Honorar aus dem Auftritt am 26.11.2011 in Höhe von 25 000 Euro einem von ihm zu bestimmenden karitativen Zweck hätte spenden müssen.“
SPD-Chef Sigmar Gabriel verteidigte Steinbrücks Weigerung, die Buchentgelte offenzulegen. „Wenn Politiker Bücher schreiben, kann jeder ganz leicht sehen, wofür das Honorar überwiesen wird und ob es Abhängigkeiten gibt. Da gibt es keine Geheimnisse“, sagte er der „FAS“. Auch SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier stellte sich hinter den Kanzlerkandidaten. „Ich finde diese Debatte an diesem Wochenende - lassen Sie es mich mal so sagen - nicht nur heuchlerisch, sondern in vieler Hinsicht böswillig“, sagte er am Sonntag im „Bericht aus Berlin“ der ARD.
Nach „Focus“-Berechnungen erhielt Steinbrück allein für sein Erstlingswerk „Unterm Strich“ eine halbe Million Euro. Für das Buch „Zug um Zug“ habe der Verlag mehr als 100 000 Euro gezahlt, die sich Steinbrück mit dem Co-Autoren Helmut Schmidt teile. Die „FAS“ rechnet etwas anders und kommt auf 300 000 Euro für „Unterm Strich“ und rund 180 000 Euro für „Zug um Zug“.
Die Parteilinke sieht die Debatte über Steinbrück kritisch. „Wenn sich die SPD als Partei der sozialen Gerechtigkeit mit so einer Debatte herumschlagen muss, dann ist das für uns natürlich schwierig“, sagte die Vorsitzende der Demokratischen Linken in der SPD, Hilde Mattheis, dem „Focus“. Schleswig-Holsteins SPD-Chef Ralf Stegner sagte den „Kieler Nachrichten“ (Montag): „Solche Beträge, ob sie nun für Vorträge oder Bücher gezahlt werden, sind für unsere Mitglieder und Wähler riesige Summen und immer erklärungsbedürftig.“ Sie riefen „Stirnrunzeln“ hervor. Die baden-württembergische SPD-Vize Leni Breymaier vermisst Fingerspitzengefühl bei Steinbrück: „Ich finde, es gehört sich nicht“, sagte sie der dpa.
Auch Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin ließ im SWR Kritik an Steinbrück anklingen: „Man sollte schon darauf achten, dass die Diäten nicht zu Nebeneinkünften werden.“
Nach einer Emnid-Umfrage kann Steinbrück in Sachen Popularität nicht mit Merkel mithalten. Die Bundesbürger hielten die CDU-Chefin für sympathischer, durchsetzungsfähiger und glaubwürdiger als Steinbrück, berichtete „Focus“. Vor allem bei den Frauen komme Merkel besser weg als Steinbrück.
Gabriel sieht keine Differenzen zwischen Steinbrück und seiner Partei. Beim SPD-Parteitag im Dezember werde es ein „überwältigendes Votum“ für Steinbrück geben. Die Partei verharrt jedoch in der Sonntagsfrage bei 29 Prozent und liegt weiter hinter der Union mit 38 Prozent, berichtet die „Bild am Sonntag“ über eine Emnid-Umfrage. Nahles gab sich in der Zeitung gelassen: „Wir sind nicht unzufrieden mit der Umfragesituation. Der Wahlkampf geht doch jetzt erst los.“