Steuerabkommen mit der Schweiz vor dem Scheitern
Berlin (dpa) - Das mit der Schweiz ausgehandelte Steuerabkommen steht vor dem Scheitern. Wie aus Länderkreisen verlautete, zeichnet sich im Bundesrat, das der Regelung zustimmen muss, eine Ablehnung ab.
Verärgerung gibt es bei den Ländern vor allem darüber, dass die Bundesregierung den Text des umstrittenen Abkommens mehr als vier Wochen nach der Paraphierung immer noch unter Verschluss hält. Auch gegen mehrere inhaltliche Punkte gibt es massiven Widerstand.
Deutschland und die Schweiz hatten sich im August grundsätzlich auf die Versteuerung von Kapitalerträgen ab 2013 geeinigt, die deutsche Bankkunden in der Schweiz erwirtschaften. Das seit Jahrzehnten bei eidgenössischen Banken geparkte Vermögen deutscher Kapitalflüchtlinge soll einmalig zu Pauschalsätzen nachversteuert werden. Steuerbetrüger hätten damit ihr Geld anonym legalisiert. Künftig sollen auf in der Schweiz kassierte Zinsen und Dividenden eine Quellensteuer von rund 26 Prozent gezahlt werden.
Die SPD-Finanzpolitiker Joachim Poss und Nicolette Kressl forderten Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) auf, die Vereinbarung zurückzuziehen und neue Gespräche mit der Schweiz aufzunehmen. Statt wie die USA Druck auf die Schweizer Banken auszuüben, gebe sich die Bundesregierung damit zufrieden, „dass kriminelle Steuerhinterzieher amnestiert werden“, sagten sie der Nachrichtenagentur dpa. Unterlaufen würden mit dem bilateralen Abkommen auch die Bemühungen der Europäischen Union, die Schweiz zu einem automatischen Informationsaustausch zu zwingen.
Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) sagte dem „Spiegel“, die Verhandlungen der Bundesregierung mit der Schweiz hätten zu einem „skandalösen Ergebnis“ geführt, bei dem „schwerreiche Straftäter viel zu billig“ davonkämen. „Ich werde alles tun, um diesen Ablasshandel zu verhindern.“ Er und die anderen SPD-Finanzminister hielten das Abkommen zudem für verfassungswidrig.
Nach Einschätzung der Kritiker gibt es mehrere Schlupflöcher in dem Abkommen. Dazu gehöre etwa die Möglichkeit, dass deutsche Bankkunden ihr Vermögen bis Mai 2013 in Ruhe aus der Schweiz in andere Steueroasen transferieren können. Die Deutsche Steuer-Gewerkschaft vermutet in der Schweiz etwa 150 Milliarden Euro an deutschem Schwarzgeld.
Walter-Borjans will sich auch die Verwendung von sogenannten Steuer-CDs durch seine Steuerfahnder nicht verbieten lassen: „Wir sind der Auffassung, dass wir die Daten, die wir schon gekauft haben, auch verwenden dürfen.“ Und: „Wir geben doch unser schärfstes Schwert nicht aus der Hand - die Furcht vor der Entdeckung.“ NRW verfüge noch über eine „ganze Menge“ solcher Datensätze. Walter-Borjans nannte namentlich die Schweizer Banken Credit Suisse und Julius Bär, von denen Nordrhein-Westfalen bislang unbekannte Daten habe.