Früherer Erzbischof in Köln Streitbarer Kardinal Meisner gestorben
Köln (dpa) - Kardinal Joachim Meisner, einer der umstrittensten deutschen Kirchenführer der vergangenen Jahrzehnte, ist tot. Der frühere Erzbischof von Köln sei während seines Urlaubs in Bad Füssing in Bayern gestorben, sagte ein Sprecher des Erzbistums Köln.
Sein Nachfolger als Kölner Erzbischof, Rainer Maria Woelki, berichtete im Domradio, der 83-Jährige sei mit einem Gebetbuch in den Händen „einfach eingeschlafen“.
Papst Franziskus stellte in einem Beileidstelegramm an Woelki Meisners „treuen und unerschrockenen Einsatz für das Wohl der Menschen in Ost und West“ heraus. Meisner war zuletzt einer der bekanntesten Kritiker des Papstes gewesen. So verlangte er 2016 zusammen mit drei anderen Kardinälen in einem offenen Brief Aufklärung von Franziskus über sein Schreiben „Amoris Laetitia“ über Familie und Liebe. Dieser sogenannte „Dubbia“-Brief wurde im Vatikan als Skandal gewertet.
In Deutschland würdigten Politiker und Kirchenleute den Kardinal als tiefgläubigen Konservativen, der mit seiner Meinung nie hinter dem Berg gehalten habe. Außenminister Sigmar Gabriel bezeichnete Meisner als „prägende Gestalt der deutsch-deutschen Geschichte“, dessen kritische Stimme fehlen werde.
SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz twitterte: „Man musste nicht jede Position von Kardinal Meisner teilen. Aber sein lebenslanger Einsatz für seine Kirche nötigt mir großen Respekt ab.“ Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagte, mit Meisner habe man streiten können: „Seine Stimme fand Gehör.“
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, rühmte Meisner als „unverzagten Kämpfer“, der sich nie gescheut habe, anzuecken. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, sagte, Meisners Biografie sei Spiegel einer ganzen Geschichtsepoche.
Der am Weihnachtstag 1933 in Breslau geborene Meisner wuchs im Nationalsozialismus und in der DDR auf. Relativ spät, mit fast 30 Jahren, wurde er Priester. 1980 ernannte ihn Johannes Paul II. zum Bischof von Berlin. Dort wirkte er bis zum Jahr des Mauerfalls 1989. Das Bistum schloss unter anderem West- und Ostberlin ein. Im Gegensatz zu normalen DDR-Bürgern genoss Meisner Reisefreiheit.
Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) erinnerte an sein Wirken in der geteilten Stadt: „Die Aufrechterhaltung der Kontakte über die Mauer hinweg und die Sorge um die Möglichkeiten kirchlichen Lebens im Ostteil unserer Stadt sowie in der DDR verdienen unseren Respekt.“
Gegen den Widerstand des Kölner Domkapitels berief Johannes Paul II. Meisner 1989 an die Spitze des größten deutschen Bistums. Mit dem eher lockeren „rheinischen Katholizismus“ konnte sich Meisner nie anfreunden. Während seiner Kölner Zeit galt er als einflussreichster Vertreter des konservativen Flügels unter den deutschen Bischöfen. Er pflegte ein enges Verhältnis sowohl zu Johannes Paul II. als auch zu Papst Benedikt XVI., dem vormaligen Kardinal Joseph Ratzinger. Dagegen opponierte er gegen den Reformkurs von Papst Franziskus. Er war vehement gegen eine mildere Linie der Kirche gegenüber wiederverheirateten Geschiedenen.
Im Alter von 80 Jahren wurde Meisner 2014 auf eigenen Wunsch hin aus Gesundheitsgründen in den Ruhestand versetzt. Seitdem lebte er zurückgezogen in Köln. Sein Nachfolger als Kölner Erzbischof wurde sein ehemaliger Geheimsekretär Woelki, der seitdem einen auffallend anderen Kurs fährt.