Stuttgart: Grün-Schwarz steht in den Startlöchern

Stuttgart (dpa) - Nach wochenlangem Ringen sehen die grün-schwarzen Koalitionäre in Baden-Württemberg den Weg für eine stabile Regierung in den kommenden fünf Jahren geebnet.

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Dafür ist der bundesweit erste Koalitionsvertrag zwischen Grünen und Christdemokraten als Juniorpartner nach den Worten von Ministerpräsident Winfried Kretschmann eine gute Grundlage. „Er ist besser als ich es zu Beginn erwartet habe. Es ist mehr als der kleinste gemeinsame Nenner“, sagte er in Stuttgart bei der Vorstellung der Grundlinien des einzigartigen Bündnisses.

Es sei ein ehrliches, machbares Programm, das mit seinen Sparanteilen aber nicht allen gefallen könne. CDU-Verhandlungsführer und -Landeschef Thomas Strobl betonte das Streben nach Nachhaltigkeit als verbindendes Element der Koalitionäre. „Die Grundidee der Grünen ist ja nichts anderes als die Bewahrung der Schöpfung, ein ur-christdemokratisches Anliegen.“

Grün-Schwarz will viel investieren, zugleich aber auch sparen. Der Rotstift soll bei den Personalkosten, sprich bei den Landesbeamten angesetzt werden. „Wie wir das im Einzelnen machen, muss man im Laufe der Haushaltsberatungen sehen“, sagte Kretschmann. Im Landeshaushalt muss ab 2017 kräftig eingespart werden — in der Endstufe 2020 rund 1,8 Milliarden Euro.

Investitionsschwerpunkt sind in den kommenden fünf Jahren Digitalisierung, Polizei und Bildung. Nach den Worten Strobls soll mit rund 320 Millionen Euro das schnelle Internet im ganzen Land ausgebaut werden.

Junge Familien, die ihre Kinder im letzten Jahr vor der Grundschule in den Kindergarten schicken, sollen monatlich mit 75 Euro unterstützt werden. Mit 100 Millionen Euro soll die technische Ausrüstung der Polizei modernisiert werden. Beschlossen sind überdies 1500 zusätzliche Polizeistellen. Rund 500 Millionen Euro wollen die Koalitionäre für Straße, Schiene, Hochbau und Hochschulen ausgeben.

Kretschmann lobte den fairen Umgang beider Seiten in teils „beinharten“ Verhandlungen. Das Vertrauen sei von Sitzung zu Sitzung gewachsen. CDU-Frontmann Strobl sprach von teils „bockelharten“ Verhandlungen, doch der Koalitionsvertrag enthalte genug schwarze Tinte.

Der Landesvorsitzende der nun oppositionellen SPD, Nils Schmid, bezeichnete den 140 Seiten starken Vertrag dagegen als „Dokument des Stillstands“. Die Arbeitgeberverbände in Baden-Württemberg sehen in dem Koalitionsvertrag ein in weiten Teilen „tragfähiges Gerüst für eine erfolgreiche Landespolitik“ für die kommenden fünf Jahre.

Bei der Landtagswahl am 13. März waren die Grünen erstmals stärkste Kraft geworden. Das neue grün-schwarze Regierungsbündnis soll von Kretschmann geführt werden, der bislang in einer Koalition mit der SPD regierte. Die CDU wird jetzt - ausgerechnet in ihrem Stammland Baden-Württemberg - Juniorpartner unter den Grünen.

Der Landtag will Kretschmann am 12. Mai zum Regierungschef wählen. Die Grünen erhalten fünf Ministerien und die Regierungszentrale, die CDU - als „fast gleichstarker Partner“ (Strobl) - ebenfalls fünf. Die Basis beider Parteien muss den Vertrag gegen Ende der Woche noch billigen.