Union und SPD ignorieren die AfD weiter
Berlin (dpa) - Mit scharfer Abgrenzung und ohne Kurskorrekturen wollen Union und SPD der Alternative für Deutschland (AfD) nach ihrem Wahlerfolg den Wind aus den Segeln nehmen.
„Problemlösungen sind die Antworten, die wir brauchen“, sagte CDU-Chefin Angela Merkel in Berlin. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi nannte die AfD „eine braune Suppe (..), die sich ein spießbürgerliches Gewand gibt“. In Thüringen und Brandenburg, wo die AfD am Sonntag zweistellige Ergebnisse erzielte, zeichneten sich noch keine Lösungen für die schwierigen Koalitionsbildungen ab.
AfD-Chef Bernd Lucke hielt den großen Parteien vor, ihre Strategie funktioniere nicht. „Je mehr sie uns schneiden, desto besser schneiden wir ab.“ Zugleich betonte er: „Die CDU ist keineswegs unser natürlicher Partner. Insbesondere mit den Sozialdemokraten kann ich mir persönlich eine Zusammenarbeit vorstellen.“ Die AfD sitzt abgesehen vom Europaparlament nun in drei ostdeutschen Landtagen - neben Brandenburg und Thüringen auch in Sachsen.
Merkel bekräftigte nach einer Wahlanalyse in den CDU-Führungsgremien ihr Nein zu Bündnissen mit der AfD. Trotz Kritik vom konservativen Parteiflügel sieht sie keinen Grund zur Kursänderung. Im CDU-Vorstand sei man übereingekommen, dass die beste Antwort auf die AfD „eine erfolgreiche Regierungsarbeit für die Menschen im Lande, egal ob in einem Bundesland oder auf der Bundesebene, ist“.
Der konservative „Berliner Kreis“ in der Union hatte sich zuvor mit einem Positionspapier zu einem offeneren Umgang mit der AfD heftige Kritik aus der CDU-Spitze zugezogen. Die Gruppe um den Bundestagsabgeordneten Wolfgang Bosbach verstoße gegen Grundsätze der Partei, kritisierte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) nach Teilnehmerangaben im CDU-Vorstand. Das Papier solle ignoriert werden.
CSU-Chef Horst Seehofer ermahnte die Union zu Geschlossenheit, Tatkraft und einer verlässlichen Politik als Antwort auf die AfD. Natürlich müsse man sich auch mit der einen oder anderen Position der AfD auseinandersetzen. „Aber wir können uns nicht diktieren lassen und nicht treiben lassen von der AfD“, sagte er. „Der beste Schutz gegen die AfD ist eine gute eigene Politik.“
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann nannte die AfD eine Gefahr für Deutschland. Sie wolle aus dem Euro heraus, was Hunderttausende Arbeitsplätze kosten würde, mache Stimmung gegen Einwanderer und sorge für soziale Spaltung. „Wir müssen aufzeigen, wohin es führt, wenn diese AfD Einfluss in Deutschland bekommt“, sagte er im ZDF. Es sei eine Herausforderung für alle Parteien, dass am rechten Rand keine Partei wie die AfD entstehe. Fahimi sagte im Sender n-tv, sie wünsche sich von der Union eine klarere Linie im Umgang mit der AfD.
Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) will wegen hauchdünner Regierungsmehrheiten für Schwarz-Rot und Rot-Rot-Grün auch mit den Grünen sprechen. Zwar sei eine stabile Regierung auch mit einer Stimme Mehrheit von CDU und SPD möglich, sagte sie. „Wenn es eine noch stabilere Mehrheit geben würde, wäre das für das Land bei entsprechenden Schnittmengen auch von Vorteil.“
Grünen-Spitzenkandidatin Anja Siegesmund zeigte sich skeptisch. „Wir sind nicht der Ersatzspieler, wenn einer auf dem Feld nicht mehr will“, sagte sie der Nachrichtenagentur dpa. Sondierungsgesprächen wollte sie sich aber nicht verschließen. Die bisher regierende schwarz-rote Koalition in Thüringen hätte nur einen Sitz Mehrheit im Parlament. Eine schwarz-rot-grüne Koalition käme mit 52 von 91 Sitzen auf eine deutliche Mehrheit.
Linke-Chef Bernd Riexinger forderte die SPD auf, mit einer Entscheidung für eine von seiner Partei geführte Koalition im Land den Weg für ein solches Bündnis auch im Bund zu bereiten. Wenn die SPD „bundespolitisch eine andere Option aufrechterhalten will als große Koalition, muss sie springen“. Linke-Spitzenkandidat Bodo Ramelow will Sondierungsgespräche mit SPD und Grünen innerhalb von zwei Wochen abschließen.
Der Erfurter Oberbürgermeister und bisherige SPD-Landesvize Andreas Bausewein erklärte sich grundsätzlich bereit, nach dem desaströsen 12,4-Prozent-Ergebnis für den Landesvorsitz zu kandidieren. Dafür wurde er vom bisherigen Vorsitzenden Christoph Matschie am Montag in einer Sitzung des Parteirats vorgeschlagen.
In Brandenburg setzt die SPD als Wahlsieger auf eine Regierungsbildung bis Ende November. Der bisherige und künftige Ministerpräsident Dietmar Woidke kann weiter mit der Linken zusammenarbeiten oder ein neues Bündnis mit der CDU eingehen, die sich bereits zunehmend optimistisch äußert. Woidke hat beiden Parteien Sondierungsgespräche angeboten.
SPD-Chef Sigmar Gabriel bekräftigte, über Koalitionen werde allein von den Landesverbänden entschieden. „Es wird von uns überhaupt keine Einflussnahme geben.“
FDP-Chef Christian Lindner hofft nach der Serie vernichtender Wahlniederlagen auf eine Trendwende bei der Hamburg-Wahl im Februar 2015. Der Eindruck, seine Partei sterbe einen schleichenden Tod, sei falsch. Ziel bleibe die Rückkehr in den Bundestag 2017.