Unmut über Steuerabkommen wächst
Berlin (dpa) - Das Steuerabkommen mit der Schweiz sorgt für wachsenden Unmut. In Deutschland mehren sich auch Stimmen, die vor einem Verzicht auf den Kauf von Daten über Steuerbetrüger warnen. Berichte über den Erwerb einer neuen Steuer-CD aus der Schweiz wurden indes nicht bestätigt.
Experten und Bundesländer warnten davor, künftig auf den Kauf von Daten-CDs über deutsche Steuerbetrüger zu verzichten. Der rheinland-pfälzische Finanzminister Carsten Kühl (SPD) lehnte entsprechende Pläne ab. Kriminelle könnten sich ansonsten in Sicherheit wähnen. Auch die Deutsche Steuergewerkschaft warnte am Donnerstag davor, Schweizer Behörden und Banken „augenzwinkernd zu versprechen“, ab 2013 keine Daten zu Steuerbetrügern mehr zu kaufen.
Berichte, wonach deutsche Ermittler eine neue Daten-CD aus der Schweiz mit Daten tausender mutmaßlicher Steuerbetrüger erworben haben sollen, wurden weder vom Bund noch von Ländern bestätigt. Im Bundesfinanzministerium hieß es, über die bisher bekannten Fälle hinaus sei kein weiterer Kauf einer Steuerdaten-CD einer Schweizer Bank bekannt. Ähnlich äußerten sich Ministerien in Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg sowie Rheinland-Pfalz.
In der Vergangenheit wurde zumindest der Kauf solcher CDs durch Länder bestätigt. Üblicherweise informieren die Länder das Bundeszentralamt für Steuern über einen anstehenden Erwerb einer CD. Dies gilt auch zur Koordinierung und Absprache. Das Amt untersteht dem Bundesfinanzministerium. In der Regel tauchen auf solchen CDs Namen von Steuerpflichtigen aus mehreren Bundesländern auf.
Die „Frankfurter Rundschau“ hatte zuvor unter Berufung auf „Behördenkreise“ berichtet, der Kauf sei bisher vor der Öffentlichkeit erfolgreich geheim gehalten worden. Steuerfahnder und Staatsanwaltschaften mehrerer Bundesländer bereiteten derzeit eine konzertierte Durchsuchungsaktion bei den Verdächtigen vor.
In der Vergangenheit konnten deutsche Ermittler mit Hilfe aufgekaufter Daten aus Nachbarländern zahlreiche Steuerbetrüger auffliegen lassen. Dies sicherte dem Staat satte Zusatzeinnahmen. Auch nahmen strafbefreiende Selbstanzeigen Betroffener zu. Der Fiskus konnte auch schon bei Gerüchten über neue Daten-CDs profitieren.
In der Schweiz war der Ankauf solcher CDs auf Kritik gestoßen. Der Ankauf könnte sich mit dem am Mittwoch vereinbarten neuen Steuerabkommen ab 2013 erledigen. Nach Angaben aus der Schweiz sieht Deutschland dann keinen Anlass mehr für den Kauf entwendeter Bankkundendaten.
Nach dem noch nicht endgültig unterzeichneten Abkommen sind von 2013 an Kapitalerträge in der Schweiz steuerpflichtig. Das riesige, in den vergangenen Jahrzehnten illegal bei eidgenössischen Banken geparkte Altvermögen kann mit Sätzen zwischen 19 und 34 Prozent einmalig nachversteuert werden. Die Namen müssen Schweizer Banken aber weiter nicht herausrücken.
Dem Abkommen müssen auch der Bundestag und der Bundesrat noch zustimmen. In der Länderkammer hat Schwarz-Gelb keine Mehrheit. SPD, Grüne und Linke lehnen insbesondere die geplante einmalige pauschale Nachzahlung als „Ablasshandel“ und „Geschenk für Steuerbetrüger“ ab.
Der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, forderte die Länder auf, im Bundesrat das Abkommen zu blockieren. In der „Leipziger Volkszeitung“ (Freitag) nannte er die Pläne „Gift für die Steuermoral in Deutschland“. Veräppelt würden die ehrlichen Steuerzahler und diejenigen, „die bisher durch Selbstanzeige hohe Nachversteuerungsleistungen erbracht haben“.
Eigenthaler forderte zugleich: „Wir müssen weiterhin Steuersünder-CDs kaufen, sofern sie für die Steuerbehörden werthaltig sind.“ Der Mainzer Finanzminister Kühl sagte im Deutschlandradio, er halte es rechtsstaatlich für „höchst problematisch“, wenn diejenigen geschützt werden, die illegal erworbenes Geld in die Schweiz bringen, weil „sie in Zukunft nicht damit rechnen müssen, dass deutsche Steuerbehörden CDs aufkaufen“.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Hartmut Koschyk (CSU), verteidigte das Abkommen und wies Vorwürfe der Opposition zurück. „Das Steuerabkommen ist kein Ablasshandel“, sagte er der „Passauer Neue Presse“ (Donnerstag). Er vertraue darauf, dass die Schweizer Bankenaufsichtsbehörden zusammen mit den Schweizer Geldinstituten für eine ordnungsgemäße Besteuerung sorgen.