Unruhe in der Union wegen Flüchtlingspolitik
Berlin (dpa) - Der unablässige Flüchtlingsstrom nach Deutschland sorgt in der Union zunehmend für Unruhe - auch weil die Umfragewerte weiter sinken. CSU-Chef Horst Seehofer mahnte erneut eine Kurskorrektur in der Asylpolitik an und warnte, andernfalls riskiere die Union ihre politische Zukunft.
Laut „Spiegel“ schätzt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Stimmung an der CDU-Basis als „dramatisch“ ein. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erhält jedoch auch Unterstützung für ihren Kurs in der Flüchtlingspolitik - unter anderem von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und vom früheren deutschen Grünen-Außenminister Joschka Fischer.
Bayerns Ministerpräsident Seehofer, der seit längerem eine Begrenzung der Zuwanderung nach Deutschland verlangt, sagte am Samstag bei einer CSU-Veranstaltung: „Wenn die Asylpolitik nicht korrigiert wird, dann geht das an die Existenz von CDU und CSU.“ Ohne eine Begrenzung des Zuzugs „wächst uns das über den Kopf“.
Schäuble machte sich nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ in der jüngsten CDU-Präsidiumssitzung Luft: Den insbesondere von CDU-Generalsekretär Peter Tauber geschilderten großen Rückhalt in der Partei für die Politik Merkels sehe er nicht. Wenn die Maßnahmen nicht bald Wirkung zeigten, stehe der CDU eine „Zerreißprobe“ bevor.
Dieser Einschätzung widersprach die stellvertretende CDU-Vorsitzende Ursula von der Leyen. „Bei aller verständlichen Unruhe angesichts der nie dagewesenen Lage weiß die Basis der Union sehr genau, dass niemand Deutschland und Europa besser durch diese schwere Zeit steuern kann als die Kanzlerin“, sagte die Verteidigungsministerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) bescheinigte der Kanzlerin im „Focus“, sie handele richtig. „Es gibt in der Tat diese kritischen Stimmen in der Union, aber eben auch sehr, sehr viele, die den Kurs der Vorsitzenden unterstützen.“
Auch EU-Kommissionspräsident Juncker lobte Merkels Vorgehen. Er sei „froh, dass ich mit der Bundeskanzlerin eine Verbündete habe, die über einen ausreichend langen Atem und die Tatkraft verfügt, sich solchen Herausforderungen zu stellen“. Selbst Ex-Außenminister Fischer (Grüne) sprang Merkel bei. Ihr Vorgehen verdiene „Respekt und Unterstützung über die Parteigrenzen hinweg“, sagte er der „Bild am Sonntag“.
Die CDU/CSU kann ihren Abwärtstrend in der Wählergunst vorerst nicht stoppen. In einer Emnid-Umfrage für die „BamS“ verlor sie erneut einen Punkt und kommt nur noch auf 36 Prozent - den tiefsten Wert seit September 2012.
Seit Samstag sind Verschärfungen im deutschen Asylrecht in Kraft. Ab sofort sollen Bewerber deutlich länger in Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben und dort möglichst nur Sachleistungen bekommen. Wer abgelehnt wird, soll schneller in die Heimat zurück. Das gilt insbesondere für Menschen aus den drei Balkan-Ländern Albanien, Kosovo und Montenegro, die dazu als „sichere Herkunftsstaaten“ eingestuft wurden.
Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Thomas Strobl sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, die CDU-Mitglieder erkennten an, dass damit ein wichtiger erster Schritt gemacht werde. „Doch sie erwarten freilich auch, dass wir weiter alles, wirklich alles tun, um den Flüchtlingsstrom zu begrenzen und zu steuern.“