Nahost-Preis Martin Schulz: „Jordanier oder Libanesen leisten Großes“

Der SPD-Politiker Martin Schulz lobt bei der Entgegennahme des Nahost-Preises den Umgang mit Flüchtlingen in anderen Ländern.

Der Präsident des Europäischen Parlaments Martin Schulz und Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn bei der Verleihung des zweiten Nahost-Preises.

Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Martin Schulz (SPD) gilt als Mann der klaren Worte. Diesem Ruf wurde der Präsident des Europaparlaments auch bei der Verleihung des Nahost-Preises 2015 in Düsseldorf gerecht. „Bevor wir in Deutschland über Flüchtlinge reden, sollte unser Blick einmal in die Türkei, nach Jordanien oder in den Libanon gehen. Die Belastung dieser Länder durch Migranten ist um ein Vielfaches größer als hierzulande“, sagte Schulz. „Die Menschen dort leisten Großes.“

Schulz verurteilte die Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte. „Trotz dieser Attacken bin ich ganz sicher, dass Deutschland als Demokratie stark genug ist, diesem rechten Mob Toleranz entgegenzusetzen“, so Schulz.

Der Europa-Politiker verwies auf die Wurzeln des Nahost-Preises, der von der Deutschen Initiative für den Nahen Osten vergeben wird. Diese Vereinigung hat sich die Prämissen des Westfälischen Friedens von 1648 zum Vorbild genommen. „Damals war allen klar, dass nur das gegenseitige Vergeben und Vergessen zum Frieden führt“, sagte Schulz. Diesem Beispiel müssten die Konfliktparteien im Nahen und Mittleren Osten heute folgen.

Es bereite ihm sehr große Sorgen, dass es eine „Individualisierung von Gewalt“ gebe, auf die kollektiv geantwortet werde, so Schulz. Seiner Ansicht nach erreichen Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Mahmud Abbas, sein Gegenüber bei den Palästinensern, einen Teil ihrer Bevölkerung nicht mehr. „Die Gewalt explodiert, jede Kontrolle geht verloren.“

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn hatte sich zuvor in seiner Laudatio auf Schulz ebenfalls mit dem Konflikt im Nahen Osten beschäftigt. Die Situation sei besorgniserregend wie selten. Um zum Dialog zurückzufinden, brauche es Persönlichkeiten wie Martin Schulz. „Er genießt als glaubwürdiger Gesprächspartner bei Israelis und Palästinensern hohes Ansehen“, sagte Asselborn.

Mit Blick auf die Flüchtlingskrise und den Streit in der EU um die Verteilung der Asylbewerber wurde der Politiker deutlich: „Die EU braucht weder Stacheldraht noch Mauern, sondern mehr Solidarität zur Lösung dieser menschlichen Tragödie.“

Neben Schulz wurde die Radio-Journalistin Bettina Marx für ihre Berichte mit dem Nahost-Preis 2015 ausgezeichnet. Einen Sonderpreis erhielt der Sportverein TuS Makkabi Köln, der sich in der Domstadt für Ausgleich und Verständigung unter Sportlern verschiedener Nationen und Religionen einsetzt.