Väter haben ein Recht auf ihre Kinder
Auch gegen den Willen der Mutter soll Kontakt zum Nachwuchs möglich sein. Voraussetzung: Es muss dem Wohl des Kindes dienen.
Berlin. Leibliche Väter in Deutschland sollen erstmals ein Umgangsrecht mit ihrem Kind erhalten — auch wenn die Mutter das Kind gemeinsam mit einem anderen Mann großzieht.
Das Kabinett verständigte sich am Mittwoch auf einen entsprechenden Gesetzentwurf, über den nun der Bundestag entscheiden muss.
Bislang kann der biologische Vater nur dann einen Kontakt gegen den Willen der Mutter und des sogenannten rechtlichen Vaters erzwingen, wenn er bereits eine enge persönliche Beziehung zu seinem Kind aufgebaut hat.
Künftig soll hingegen entscheidend sein, ob der Umgang dem Kindeswohl dient und ob erkennbar ist, dass der leibliche Vater Verantwortung für seinen Nachwuchs übernehmen will.
Davon sollen vor allem leibliche Väter profitieren, die wegen der Weigerung der rechtlichen Eltern keine Vater-Kind-Beziehung aufbauen konnten. Sie sollen ferner ein Auskunftsrecht zu den Lebensverhältnissen des Kindes bekommen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hatte leiblichen Vätern zuletzt in mehreren Entscheidungen das grundsätzliche Recht eingeräumt, ihre Kinder zu sehen. Da biologische Väter im deutschen Recht jedoch nicht vorgesehen sind, sah sich Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zum Handeln gezwungen. Das bisherige Recht orientiere sich zu stark am Modell einer intakten Ehe mit Kindern, erklärte die Ministerin.
FDP-Familienexperte Stephan Thomae ergänzte, das Familienrecht werde mit dem Gesetzentwurf an moderne Familienformen angepasst. „Ein Vater bekommt dann die Möglichkeit, mit seinem Kind mehr Zeit zu verbringen“, erklärte Thomae.
Schon im Juli hatte das Kabinett die Rechte von unverheirateten Vätern gestärkt. Sie sollen uneingeschränkt das Sorgerecht für ihre Kinder ausüben können — im Zweifel auch gegen den Willen der Mutter. Über einen entsprechenden Gesetzentwurf aus dem Juli wird der Bundestag voraussichtlich in der kommenden Woche in erster Lesung beraten.
Noch offen ist, wann sich das Parlament mit der Reform des Umgangsrechts befasst. Gegen die bisherige Regelung hatte vor dem Straßburger Gerichtshof unter anderen ein 41-jähriger Berliner geklagt. Er hatte ein halbes Jahr lang eine Beziehung zu einer Frau, die mit einem anderen Mann zusammenlebte. Ein paar Monate später bekam die Frau eine Tochter von dem Geliebten. Ihr Freund, mit dem sie zusammenlebte, erkannte die Vaterschaft an. Das Mädchen wächst bei den beiden auf.
Obwohl die Vaterschaft des 41-Jährigen erwiesen ist, hätte er nach der bisherigen Rechtslage keine Chance, seine Tochter gegen den Willen der Mutter und des rechtlichen Vaters zu sehen. Künftig könnten ihm Richter ein Umgangsrecht einräumen, wenn dies dem Kindeswohl dient.