Verfassungsgerichtspräsident Papier: Soli „spätestens 2019“ verfassungswidrig

Berlin (dpa) - Der Solidaritätszuschlag ist nach Einschätzung des früheren Verfassungsgerichtspräsidenten Hans-Jürgen Papier in wenigen Jahren verfassungswidrig.

„Spätestens 2019, wenn auch der Solidarpakt II endet, lässt sich der jetzige Solidaritätszuschlag verfassungsrechtlich nicht mehr begründen“, sagte der Jurist der Zeitung „Die Welt“. „Als Instrument der dauerhaften Erhöhung des Steuerniveaus darf eine Ergänzungsabgabe nicht eingesetzt werden.“

Eine Abgabe wie der „Soli“ könne nur erhoben werden, „wenn ein konkreter Finanzierungsbedarf entsteht, der ausschließlich den Bund trifft“, sagte Papier. „Das konnte man in Bezug auf die Einigung Deutschlands sagen. Irgendwann entfällt dieser besondere Finanzierungsbedarf aber zwangsläufig.“

Damit unterstützte Papier im Grundsatz die Position der FDP. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte im Gegensatz dazu kürzlich erklärt, am Solidaritätszuschlag festhalten zu wollen. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erteilte den FDP-Plänen eine Abfuhr.

Den Vorschlag der thüringischen Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU), den Solidarpakt II nach 2019 in einen Fonds für bedürftige Regionen in ganz Deutschland zu verwandeln, wies der Ex-Verfassungsrichter zurück: „Ich halte es für sinnvoller, diesen Finanzbedarf über einen Ausgleich des allgemeinen Steueraufkommens zu regeln als über einen weiteren Sonderfonds“, sagte Papier.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) forderte indes, den Soli fortzuentwickeln. „Der Einsatz der Finanzmittel muss in strukturschwachen Gebieten und nicht länger nach Himmelsrichtung erfolgen. Es gibt auch in den alten Bundesländern zahlreiche Regionen, die dringend der Hilfe bedürfen“, sagte er der „Welt“. „Der Soli 2.0 muss verlässlich in unser Steuer- und Abgabensystem integriert und verfassungsrechtlich unanfechtbar ausgestaltet werden.“ Weil nannte es einen Skandal, dass der Soli inzwischen zu erheblichen Teilen zur Haushaltskonsolidierung des Bundes missbraucht werde.