Viel Pulverdampf um die Frauenquote

Im Bundestag bestimmen drei Frauen das Geschehen: Familienministerin Kristina Schröder, ihre Rivalin Ursula von der Leyen und im Hintergrund Kanzlerin Angela Merkel.

Berlin. Angela Merkel hat es auf Kristina Schröder abgesehen. Zweimal baut sich die Kanzlerin zwischen den Regierungsbänken vor der Familienministerin auf, um mit ihr zu reden. Schröder hält die Arme verschränkt, das signalisiert Abwehr.

Sie ist aber diejenige, die für die Bundesregierung in der Debatte um die Frauenquote das Wort ergreifen soll — obwohl sie nichts von einer verbindlichen Vorgabe hält.

Auch nichts von dem Kompromiss, den sich die Union von Erzrivalin Ursula von der Leyen ins Wahlprogramm hat drücken lassen — eine 30-Prozent-Quote in Aufsichtsräten ab 2020. Bei ihrer Rede kann also vieles falsch laufen. Merkel ist beunruhigt.

Die ambitionierte Ursula von der Leyen, auf die sich ebenfalls die Blicke im Parlament richten, hat ihren Platz auf der anderen Seite der Regierungsbank. Dort sitzt sie wie eine Feldherrin im Pulverdampf, die die von ihr mit angezettelte Schlacht beobachtet — den Rücken durchgedrückt, meist ohne Regung.

Während der vorangegangenen Debatte um die Zypernhilfe hat Merkel sie zum Gespräch gebeten, danach zeigt die Regierungschefin ihrer Arbeitsministerin die kalte Schulter. Auf eine Rede hat von der Leyen verzichtet, weil nicht zwei Ministerinnen zu einem Thema sprechen sollen. Das ist die offizielle Begründung. Von der Leyen hat sich allerdings gegen die Kanzlerin bei der Quote durchgesetzt, das wirkt nach.

Ihre „Erpressung“, wie viele sagen, mit anderen Abweichlerinnen einem Antrag der Opposition zur Mehrheit zu verhelfen, hat die Kanzlerin dazu gezwungen, nachzugeben und den CDU-Parteitagsbeschluss gegen eine starre Vorgabe zu kippen. Jetzt wird die Quote ins Wahlprogramm aufgenommen, der Vorschlag der Opposition wird deshalb im Bundestag abgelehnt.

Die Grünen bringen taktisch raffiniert noch einen Antrag ein, der den Unions-Kompromiss enthält — aber auch der rasselt durch. „Sie sind nicht verlässlich, nicht vertrauenswürdig“, schimpft Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckhardt.

Unionsfraktionschef Volker Kauder ist es nicht gelungen, den Aufstand der Unions-Frauen frühzeitig zu verhindern. Jetzt muss er auch noch im Parlament erklären, warum seine Fraktion ihren Kurs korrigiert, warum die Minderheit die Mehrheit dazu zwingen konnte. Das macht er mit einigen Pirouetten. „Wir lassen der Wirtschaft bis 2020 Zeit, dann wird es ernst“, ruft Kauder. Also doch kein Gesetz direkt nach der Wahl? Alles nur Papierkram?

Der Grüne Volker Beck zwingt Kauder per Zwischenruf zu einem Bekenntnis: „Dieses Gesetz machen wir gleich zu Beginn der neuen Legislaturperiode.“ Nur mit wem? Die FDP ist kategorisch gegen eine Quote.

Dann ist Kristina Schröder an der Reihe. Die Ministerin geht auf den Unionskompromiss mit keinem Wort ein. Sie beschäftigt sich mit der Opposition. SPD und Grüne hätten 2001 eine Selbstverpflichtung der Wirtschaft auf den Weg gebracht, die ein „Stillhalteabkommen zulasten der Frauen“ gewesen sei. Sie habe Zielvorgaben für Unternehmen eingeführt.

Schließlich nimmt Schröder Kanzlerkandidat Peer Steinbrück ins Visier: Der sei Aufsichtsratsmitglied von Borussia Dortmund, in dem Gremium säßen nur Männer. „Fragen Sie Herrn Steinbrück doch mal, ob er seinen Platz für eine Frau räumen kann“, spottet Schröder in Richtung Genossen. Das Regierungslager johlt. Merkel gluckst. Sie wirkt zufrieden.