Von der Leyen legt Gesetzentwurf gegen Armutsrenten vor

Berlin (dpa) - Mit gut halbjähriger Verspätung hat Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ihr Gesetzespaket gegen Altersarmut vorgelegt. Es umfasst auch die Senkung des Rentenbeitragssatzes im kommenden Jahr.

Der soll Anfang 2013 von derzeit 19,6 auf 19,0 Prozent sinken, teilte das Ministerium in Berlin mit. Kernpunkt des Pakets ist eine um eine Familienkomponente verbesserte Zuschussrente für langjährige Geringverdiener. Flankiert wird dies durch Änderungen bei den Erwerbsminderungsrenten und Reha-Leistungen sowie durch eine neu geregelte Kombi-Rente. Selbstständige sollen zur obligatorischen Altersvorsorge verpflichtet werden.

Das Vorhaben lag nach heftiger Kritik an den ursprünglichen Plänen auch aus den Koalitionsreihen seit März auf Eis. Mit den Änderungen kam von der Leyen den Kritikern teilweise entgegen. Der Entwurf befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung und soll am 29. August ins Bundeskabinett. Das Bundeswirtschaftsministerium bekräftigte laut einem Bericht der „Ruhr Nachrichten“ bereits sein Nein gegen den Entwurf.

Beim Zuschussrenten-Modell ist vorgesehen, langjährigen Niedrigverdienern die spätere Rente unter bestimmten Voraussetzungen bis auf 850 Euro aufzustocken. Eine Bedingung ist, dass die Betroffenen auch privat fürs Alter vorgesorgt haben. Besonders begünstigt wird, wer Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt hat.

Der Beitragssatz zur Rentenversicherung soll nach derzeitigem Stand von 19,6 auf 19,0 Prozent sinken. Dies würde einen Durchschnittsverdiener mit 2600 Euro brutto um monatlich 7,80 entlasten. Definitiv feststehen wird dies aber erst im Herbst. Damit hat von der Leyen allen Forderungen eine Absage erteilt, auf die Beitragssenkung zugunsten eines mittelfristig stabilen Rentenniveaus zu verzichten.

Für von der Leyen bleibt das Rentensystem mit dem Entwurf „verlässlich und für alle gerecht“. Die Senkung des Rentenbeitrags sichere Arbeitsplätze und Renten zugleich. Auch sei es ein Beitrag zur Bekämpfung der Altersarmut: „Die Zuschussrente soll ermöglichen, dass Menschen, die heute mit kleinen Einkommen in die Rentenkasse einzahlen, und insbesondere Frauen, die neben ihrem Beruf Angehörige pflegen oder Kinder erziehen, künftig ihre eigene Rente bekommen und nicht in die Grundsicherung abrutschen wie jemand, der nichts dergleichen geleistet hat.“

Die neue Kombirente soll es Beschäftigten vor dem Ruhestand ermöglichen, beruflich kürzerzutreten, ohne dass - so die Ministerin - „gleich drastische Abschläge bei der Rente fällig werden“. Teilrente und Teilarbeit sollen die Betroffenen flexibler als bisher kombinieren können.

Die geplante Neuregelung der Erwerbsminderungsrente soll Menschen helfen, die krankheitsbedingt vorzeitig in Rente gehen müssen. Fazit der Ministerin: „Das vorgelegte Gesamtpaket hilft der Wirtschaft in der Krise, sorgt für einen gerechten Ausgleich zwischen Jung und Alt im demografischen Wandel und verhindert, dass Menschen in der Altersarmut landen, die sich um die Älteren und die Kinder kümmern.“

Das Bundeswirtschaftsministerium bekräftigte sein Nein gegen den Entwurf wegen „erheblicher finanzieller und ordnungspolitischer Bedenken“, wie die „Ruhr Nachrichten“ (Donnerstag) berichten. Der saarländische Sozialminister Andreas Storm (CDU) kündigte Widerstand gegen die Beitragssatzsenkung im Bundesrat an: Sollten die Pläne dort unverändert zur Abstimmung anstehen, werde sein Land eine Initiative zur nachhaltigen Rentenfinanzierung einbringen, sagte er der „Saarbrücker Zeitung“.

Der Rentenexperte der Linkspartei, Matthias Birkwald, sprach von „Etikettenschwindel“: Die Alterssicherung werde mit dem Konzept von der Leyens nicht gesichert, sondern geschwächt. Die Arbeitgeber kritisierten den vorgesehenen Finanzierungsmix aus Steuern und Beitragsmitteln. Eine Einführung neuer milliardenteurer Leistungen auf Kosten der Beitragszahler sei unverantwortlich und gefährde langfristig die Beitragsziele.