Wachsender Widerstand in Union gegen Gleichstellung bei Homo-Ehe
Berlin (dpa) - In der Union wächst der Widerstand gegen eine völlige Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. In den Landesverbänden und vor allem beim konservativen Flügel mehren sich die Stimmen, die vor einem solchen Kursschwenk warnen.
Die CSU sperrt sich insbesondere dagegen, das geltende Ehegattensplitting zu ändern oder auf Lebenspartnerschaften auszuweiten.
In Kreisen der Unionsfraktion hieß es am Montag, übereilte Entscheidungen werde es nicht geben. Zunächst solle das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Adoptionsgleichstellung genau geprüft werden. Erst dann werde entschieden, wie mit weiteren Fragen umzugehen sei - also einem vollen Adoptionsrecht oder der Zukunft des Ehegattensplittings.
Führende Vertreter der Fraktion hatten sich zunächst dafür ausgesprochen, das Karlsruher Urteil rasch umzusetzen und auch die steuerliche Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften zügig anzupacken.
Die Gegner der Gleichstellung in der CDU bekamen Unterstützung von der CSU. „Die Privilegierung und Förderung von Ehe und Familie muss auch in Zukunft völlig außer Frage stehen“, erklärte Generalsekretär Alexander Dobrindt. Er wandte sich dagegen, gleichgeschlechtlichen Paaren die gleichen Steuervergünstigungen wie Ehepaaren zu geben: „Ich sehe überhaupt keinen Änderungsbedarf an den bestehenden steuerlichen Regelungen.“
Auch die CSU-Landesgruppe im Bundestag lehnt eine steuerliche Gleichstellung derzeit strikt ab. In einer Sitzung am Abend sei deutlich geworden, dass die überwiegende Mehrheit der CSU-Bundestagsabgeordneten keine Notwendigkeit sehe, das geltende Splitting zu ändern oder auf Lebenspartnerschaften auszuweiten, berichteten Teilnehmer. Man müsse dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur steuerlichen Behandlung von Lebenspartnerschaften nicht vorgreifen.
Der Wortführer des konservativen Berliner Kreises der CDU, Hessens Fraktionschef Christean Wagner, sagte dem Radiosender hr-info, der im Grundgesetz verankerte Schutz von Ehe und Familie dürfe „nicht zugunsten der Homo-Ehe nivelliert werden“.
Auch die CDU in Baden-Württemberg lehnt eine völlige Gleichstellung ab. Es herrsche breiter Konsens, Lebenspartnern nicht wie heterosexuellen Paaren die gemeinsame Adoption eines Kindes zu erlauben, sagte CDU-Landeschef Thomas Strobl nach einer Sitzung von Präsidium und Vorstand. Er gehörte zu den ersten Christdemokraten, die eine steuerliche Gleichstellung von Lebenspartnern forderten.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sprach sich dagegen für eine „große Lösung“ aus. Sie habe „einen fertigen Gesetzentwurf in der Tasche“, sagte sie der „Saarbrücker Zeitung“. Die Lebenspartnerschaft solle überall dort einbezogen werden, wo im Gesetz von Ehe die Rede sei, so die Ministerin.
SPD-Chef Sigmar Gabriel warf CDU-Chefin Angela Merkel vor, sie verwandle ihre Partei immer mehr in einen politischen „Hohlkörper“. So dreist habe in Deutschland noch niemand versucht, sich von jahrelang vertretenen Haltungen einfach zu verabschieden. Auch Grünen-Chef Cem Özdemir sieht bei CDU und CSU eine zunehmende inhaltliche Entkernung.
Der Präsident des Bundesverfassungsgericht, Andreas Voßkuhle, äußerte sich verwundert über die Resonanz auf die Entscheidung seines Hauses zur Gleichstellung von Homosexuellen bei Adoptionen. Der Richterspruch stehe in einer Reihe ähnlicher Entscheidungen aus den vergangenen Jahren und sei „sehr vorhersehbar“ gewesen. Die katholische Deutsche Bischofskonferenz warnte die CDU vor einem „übereilten Vorgehen“ in der Frage der Homosexuellen-Ehe.