Wahl in Sachsen-Anhalt wird überraschend spannend
Magdeburg (dpa) - Überraschend spannende Fortsetzung des Superwahljahres 2011 in Sachsen-Anhalt: Vier Wochen nach der Hamburg-Wahl können an diesem Sonntag rund zwei Millionen Menschen über die Zusammensetzung des Magdeburger Landtags entscheiden.
Im Mittelpunkt steht die Frage: Setzen CDU und SPD - wie noch vor kurzem von den meisten erwartet - ihre gemeinsame Arbeit fort? Oder regiert künftig Rot-Rot?
Klar ist bisher nur, dass Sachsen-Anhalt von einem neuen Ministerpräsidenten regiert wird. Denn der 75-jährige Wolfgang Böhmer tritt nicht wieder an. In seine Fußstapfen will für die CDU Wirtschaftsminister Reiner Haseloff treten. Angesichts von Umfragewerten um die 32 Prozent bräuchte er die SPD wie bisher als Koalitionspartner.
SPD-Spitzenkandidat Jens Bullerjahn vermied im Wahlkampf eine Koalitionsaussage. Auch die Linke - in den jüngsten Umfragen mit der SPD gleichauf bei rund 24 Prozent - ist für Bullerjahn ein möglicher Regierungspartner. Ausgeschlossen hatte er stets, einen Ministerpräsidenten der Linken mitzuwählen, falls diese stärker als die SPD wird.
Beim Wahlkampfabschluss am Freitagabend bekräftigte Kanzlerin Angela Merkel in Dessau-Roßlau das Ziel der CDU, stärkste Kraft zu werden. Merkel und Haseloff warnten erneut vor einem rot-roten Bündnis - dem Land Sachsen-Anhalt drohe in vielen Bereichen sonst wieder die „rote Laterne“. SPD-Spitzenkandidat Bullerjahn bekräftigte in Halle, dass er Ministerpräsident werden will. SPD-Chef Sigmar Gabriel stärkte ihm den Rücken.
Noch vor kurzem beherrschten landespolitische Fragen den eher ereignisarmen Wahlkampf in dem schwarz-rot regierten Bundesland - nun wird sich womöglich auch die deutsche Atom-Debatte nach dem Nukleardesaster in Japan auswirken. Unklar ist zudem, ob die CDU unter der Plagiats-Affäre um den kürzlich zurückgetretenen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zu leiden haben wird.
Das Parlament in Magdeburg, in dem bislang CDU, SPD, Linke und FDP vertreten sind, könnte nach der Wahl möglicherweise aus sechs Fraktionen bestehen. Umfragen zufolge können vor allem die Grünen, die seit 1998 nicht mehr im Parlament sitzen, dort wieder einziehen. Die FDP liegt an der Fünf-Prozent-Hürde. Unklar ist, ob die rechtsextreme NPD auf den nötigen Stimmanteil kommt.
Zuletzt hatten die Parteien in Sachsen-Anhalt in einem gemeinsamen Appell die Wähler aufgerufen, den Rechtsextremen nicht durch eine geringe Beteiligung den Weg ins Parlament zu ebnen. Nach Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen wäre es der dritte Landtag im Osten, in dem die NPD derzeit vertreten wäre.
Der Blick wird sich am Sonntag auch auf die Wahlbeteiligung richten. 2006 lag sie in Sachsen-Anhalt mit 44,4 Prozent so niedrig wie bei keiner Landtagswahl in Deutschland zuvor. Um die 91 Sitze im Landesparlament in Magdeburg bewerben sich 389 Kandidaten, das sind rund 140 weniger als noch 2006. Bei der Wahl 2006 lag die CDU mit 36,2 Prozent klar vor Linkspartei (24,1), SPD (21,4), FDP (6,7) und Grünen (3,6). Damals hatte die CDU/SPD-Koalition ein Bündnis von CDU und FDP abgelöst.