Wahlideen auf dem Prüfstand: Eine Unterstützung unabhängig vom Einkommen
Alle Parteien haben in ihren Wahlprogrammen neben Altbekanntem auch ungewöhnliche Ideen parat, die wir in dieser Serie testen. Heute: die Kindergrundsicherung der Grünen.
Die Idee Bereits jedes vierte Kind wächst heute bei unverheirateten Eltern auf. Die Grünen wollen deshalb das sogenannte Ehegattensplitting abschmelzen und die freiwerdenden Mittel für Kitas, Bildung sowie eine Kindergrundsicherung verwenden, bei der jedes Kind unabhängig vom Einkommen seiner Familie die gleiche finanzielle Unterstützung vom Staat erhält. Auch Hartz-IV-Kinder wären dann nicht mehr stigmatisiert, denn Kinderregelsätze, Kinderzuschlag, Kindergeld sowie steuerliche Freibeträge sollen in der Kindergrundsicherung allesamt aufgehen.
Der Haken Das Vorhaben ist teuer und rührt am Grundsatz der Verfassung, wonach die Ehe unter besonderem Schutz steht.
Die Bewertung Die Forderung der Grünen ist revolutionär und wird auch von namhaften Familienexperten geteilt. Gegenwärtig ist es so, dass Besserverdiener vom Kinderfreibetrag stärker profitieren als vom monatlichen Kindergeld, das für Eltern mit geringerem Einkommen maßgeblich ist. Die Kindergrundsicherung ist gerechter, denn sie würde dazu führen, dass jedes Kind dem Staat gleich viel wert ist. Eltern mit hohen Einkommen könnten dann nur denselben Betrag steuerlich absetzen, den Eltern mit geringerem Verdienst ausgezahlt bekämen. Das würde aber auch eine massive Anhebung des Kindergeldes bedeuten und neuen Streit über die alte Frage entfachen, ob der Ausbau einer kindgerechten Infrastruktur nicht sinnvoller ist als ein weiterer Zuwachs an direkten Geldtransfers. Die Grünen wollen beides, was zulasten des Ehegattensplittings gehen soll.
Hier sind ideologische Auseinandersetzungen programmiert. Denn die Union will an der besonderen Stellung der Ehe uneingeschränkt festhalten und weiß sich damit verfassungsrechtlich auf festem Boden. Der renommierte Soziologe Hans Bertram meint, das „Dilemma“ der deutschen Familienpolitik bestehe darin, dass sie sich aus dem verfassungsmäßig verbrieften Schutz von Ehe und Familie heraus entwickelt habe. Das zeigt, welche dicken Bretter die Grünen noch bohren müssen.