Nach Gerichtsentscheid Wie gerecht ist der Wahl-O-Mat? Bundeszentrale kündigt Beschwerde an

Köln/Berlin · Gerade jungen Wählern und Unentschlossenen soll er Orientierungshilfe bieten - doch kurz vor der Europawahl ist der Wahl-O-Mat abgeschaltet. Ein Gericht sah kleinere Parteien benachteiligt. Die Betreiber des Angebots wollen die Entscheidung nun kippen.

Die Bundeszentrale hatte den Wahl-O-Mat am Montagabend abgeschaltet, nachdem das Verwaltungsgericht Köln dessen Weiterbetrieb untersagt hatte.

Foto: dpa/Paul Zinken

Gegen das gerichtliche Verbot des Wahl-O-Maten zur Europawahl in seiner jetzigen Form will die Bundeszentrale für politische Bildung Beschwerde einlegen. Als Betreiber des Angebots geht sie damit gegen eine Eil-Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln vor. Das Gericht hatte beanstandet, der Wahl-O-Mat benachteilige kleinere und unbekanntere Parteien. Die Richter bemängelten, dass man auf der Seite nur jeweils acht Parteien auswählen kann, um sie mit eigenen Positionen zu vergleichen. Die Bundeszentrale für politische Bildung hatte daraufhin den Wahl-O-Mat für die Europawahl vorläufig vom Netz genommen.

Die Bundeszentrale mit Sitz in Bonn betonte am Dienstag, man sei überrascht gewesen über die Entscheidung der Richter. So habe das Gericht 2011 im Zusammenhang mit einer Landtagswahl in Rheinland-Pfalz noch die Auffassung vertreten, die vom Nutzer verlangte Festlegung auf acht Parteien sei keine rechtswidrige Bevorzugung. Ein Sprecher betonte zudem, die Beschränkung sei im Sinne des bildungspolitischen Auftrags des Angebots bewusst gewählt: „Wir wollen den Nutzern nicht die Entscheidung abnehmen. Sie sollen vielmehr eine bewusste, informierte und aktive Auswahl von bis zu acht Parteien treffen“, sagte der Sprecher. Ausgewählt werden könne dabei aus allen 40 zur Wahl stehenden Parteien, wobei sich die Sortierung an der Reihenfolge des amtlichen Stimmzettels orientiere. Mit nur einem einzigen Klick könne man neue acht Parteien auswählen und vergleichen.

Spätestens am Mittwoch soll die Beschwerde vorliegen, die das Verwaltungsgericht an die nächste Instanz weiterleiten kann. Millionen Wahlberechtigte nutzen die Anwendung als Orientierungshilfe vor Wahlen, um die eigenen Haltungen mit den zur Wahl stehenden Parteien abzugleichen. Die Partei „Volt“, die die Klage angestrengt hatte, teilte mit, man hoffe, dass das auch bald wieder möglich sei - nur eben mit einem Internetangebot in überarbeiteter Form. „In verfassungsgemäßer Weise“ leiste der Wahl-O-Mat einen wichtigen und richtigen Beitrag zur politischen Information der Bürger über alle zur Verfügung stehenden Wahlalternativen, betonte „Volt“.

Bisher habe stets die Gefahr bestanden, dass Nutzer nur altbekannte Parteien auswählen und nicht erfahren, dass hohe Übereinstimmung auch zu kleineren Parteien bestehe, sagte Volt-Sprecher Andras Kolenbrander am Dienstag. Für einen fairen Wettbewerb müsse die Bundeszentrale ihr Angebot so umgestalten, dass eine Übersicht mit allen zur Wahl stehenden Parteien sofort angezeigt werde. Die noch junge Partei versteht sich als paneuropäisches Projekt, ihr deutscher Ableger wurde im Frühjahr 2018 registriert.

(dpa)