Wirtschaftseliten: „Nein zu Rösler, nein zu Steinbrück“
Die Wirtschaftseliten wollen Lindner als FDP-Spitze und Merkel als Kanzlerin.
Allensbach. Einen Monat vor der für sein politisches Schicksal entscheidenden Landtagswahl in Niedersachsen hat der FDP-Vorsitzende und Vizekanzler Philipp Rösler am Dienstag gleich mehrere Nackenschläge hinnehmen müssen.
Der schwerste: Die Wirtschaftseliten wenden sich in einer Umfrage von ihm ab. So massiv, dass die Chefin des Demoskopie-Instituts Allensbach, Renate Köcher, sagte: „Tiefer geht es eigentlich nicht“.
In der zweimal jährlich von Allensbach durchgeführten Umfrage unter rund 350 Wirtschaftsführern und 150 Vertretern der politischen und Verwaltungseliten Deutschlands äußerten nur noch vier Prozent, dass sie sich Philipp Rösler als Spitzenkandidaten der FDP für die Bundestagswahl wünschen. Selbst unter den FDP-Anhängern waren es nur sechs Prozent.
„Die Führungsspitzen stellen sich auf einen anderen Kandidaten ein“, sagte Köcher. Und zwar auf Ex-Generalsekretär Christian Lindner, der die Rangliste mit 51 Prozent anführt, oder auf Fraktionschef Rainer Brüderle, der mit 33 Prozent folgt.
Hintergrund des Meinungstiefs von Rösler bei den Entscheidern ist nicht die Unzufriedenheit mit den Liberalen als Partei. 64 Prozent der befragten Chefs wünschen sich, dass die FDP wieder im Bundestag vertreten ist, deutlich mehr als vor einem halben Jahr (49 Prozent). 33 Prozent (vorher 22 Prozent) möchten eine Fortsetzung der schwarz-gelben Regierung sehen.
Ein Problem liegt offenbar in der Umsetzung der Energiewende. 90 Prozent der Befragten finden, dass die Regierung hier kein überzeugendes Konzept hat. Das passt zu einem Zwischenbericht einer Regierungskommission zur Überwachung der Energiewende, der heute vorgestellt werden soll, aber schon in Teilen bekannt wurde.
Danach rügen die Experten mangelnde Fortschritte bei der Energieeffizienz, für die Röslers Ministerium zuständig ist. Ohne zusätzliche Anstrengungen bei der Gebäudesanierung und im Verkehr würden die Ziele hier nicht erreicht werden, heißt es laut Medienberichten.
Negativ für Rösler wirkte auch der jetzt bekannt gewordene Austritt des designierten Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, aus der FDP. Er wäre für den Wirtschaftsminister künftig ein wichtiger Gesprächspartner. Der Berliner Unternehmer hatte sein Parteibuch schon im Sommer zurückgegeben, ohne Angabe von Gründen.
Rösler konnte sich am Dienstag nur damit trösten, dass noch ein anderer mit der Capital-Elite-Umfrage Saures bekam: SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück. Zwar attestieren ihm die deutschen Wirtschafts- und Politikführer persönlich gute Eigenschaften und Kompetenz, doch wollen ihn nur 18 Prozent als Kanzler sehen, im Fall einer großen Koalition nur elf Prozent.
Der Grund dafür heißt Angela Merkel. Sie verzeichnet in der aktuellen Umfrage die höchsten Zustimmungswerte seit ihrem Amtsantritt vor sieben Jahren. 86 Prozent sehen sie als starke Kanzlerin, und 80 Prozent finden ihr Euro-Krisenmanagement überzeugend.
Auch ist die Enttäuschung mit der Arbeit der von ihr geführten schwarz-gelben Koalition von 92 Prozent noch im Juli 2010 auf 56 Prozent zurückgegangen. Freilich steckt dahinter, räumte Allensbach-Chefin Köcher ein, auch ein Solidarisierungseffekt der meist konservativen Wirtschaftseliten kurz vor Wahlen mit den von ihnen bevorzugten Parteien.