Iran-Krise steuert auf einen Militärschlag zu
Ein offizielles Dokument der Atombehörde schürt Ängste vor iranischen Kernwaffen.
Düsseldorf. Neue Zuspitzung im Atomkonflikt mit dem Iran: Zum ersten Mal wird in einem offiziellen Dokument der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) dem Iran vorgeworfen, er entwickle möglicherweise ein Nuklearwaffenprogramm. Yukiya Amano, seit Ende 2009 Chef der IAEO, äußerte sich jetzt "besorgt über Informationen, dass Iran an einem Atomwaffensprengkopf arbeiten könnte".
Es gebe, so der Japaner, "schlüssige und glaubhafte Informationen". Die Informationen stammen aus amerikanischen und britischen Zeitungen, die sich wiederum auf "Erkenntnisse westlicher Geheimdienste" stützten.
Damit vollzieht die Wiener Atombehörde einen gravierenden Kurswechsel. Unter Amanos Vorgänger el-Baradai hatte die IAEO stets nur eigene oder selbst überprüfte und gesicherte Informationen weitergegeben. Wegen seines sachlichen Führungsstils vor dem Irak-Krieg hatte der Ägypter el-Baradai den Friedensnobelpreis erhalten. Und sich zugleich den Zorn der Vereinigten Staaten zugezogen. Washington betrieb dann auch erfolgreich seine Ablösung durch Amano, der den USA nahesteht.
"Verärgert und besorgt" reagierte am Freitag das US-Außenministerium. Das Wort "verärgert" sollte man nicht zum Nennwert nehmen, denn dass die Vorwürfe des eigenen und durch seine Rolle im Irak-Krieg nicht sehr glaubwürdigen Geheimdienstes nun durch die Aufnahme in einen offiziellen IAEO-Bericht gleichsam geadelt werden, war ja Ziel dieses Ping-Pong-Spiels.
Tatsächlich erinnert vieles an das Vorspiel zum Irak-Krieg 2003. Seit Wochen bauen die USA am Golf eine militärische Drohkulisse auf, und die Öffentlichkeit wird auf eine kompromisslose Konfrontation mit Teheran eingestimmt, an deren Ende ein Militärschlag als einzig logische Konsequenz empfunden wird.
Nicht auszuschließen ist, dass Iran seinerseits den Konflikt verschärft, indem es mit Verweis auf die "Politisierung" der IAEO seinen Austritt aus dem Atomwaffensperrvertrag erklärt. Denn um scharfe Sanktionen kommt Teheran wohl nicht herum.
Russland betont zwar, dass keine belastbaren Informationen auf ein iranisches Nuklearwaffenprogramm hindeuteten. Zugleich scheint Moskau aber bereit, den Vereinigten Staaten freie Hand zu geben, wenn Washington im Gegenzug bei der Nato-Ostverschiebung Abstriche macht.