USA-Reise Jürgen Trittin: „Trump versteht nur Kosten-Nutzen-Rechnung“

Außenpolitik-Experte Jürgen Trittin von den Grünen sieht Bundeskanzlerin Angela Merkel nach dem USA-Besuch bei Donald Trump in der Defensive.

Jürgen Trittin von den Grünen

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Berlin. Bei ihrem jüngsten Besuch in Washington konnte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) den US-Präsidenten offenbar weder von seinen Plänen für Strafzölle auf Stahl und Aluminium noch von einer Aufkündung des Atomabkommens mit dem Iran abbringen. Wie geht es nun weiter? Darüber sprach unser Berliner Korrespondent Stefan Vetter mit dem Außenexperten der Grünen, Jürgen Trittin.

Herr Trittin, teilen Sie die Einschätzung von FDP-Chef Lindner, wonach Merkel bei ihrem Treffen mit US-Präsident Trump „regelrecht degradiert“ worden sei?

Trittin: Darum geht es nicht. Die Kanzlerin hat wie Macron die europäische Position in Washington aufrechterhalten. Aber sie hat keine Instrumente entwickelt, die USA unter Druck zu setzen. Es geht nicht um degradieren, sondern darum, ob man selbstbewusst europäische Interessen vertritt. Merkel hat zwar keine Position geräumt, ist damit aber in der Defensive geblieben.

Was hätten Sie sich von Ihr gewünscht?

Trittin: Nötig wäre, dem US-Präsidenten klar zu machen, dass man dem Treiben großer US-Unternehmen in Europa, insbesondere den Internet-Konzernen, nicht mehr einfach zusehen kann. Nötig sind härtere Steuerregeln. Der größte Angriff auf die europäische Wirtschaft sind nicht Strafzölle auf Stahl und Aluminium, sondern Trumps Steuerreform mit riesigen Kapitalabflüssen von Unternehmen in die USA. Darauf hat Europa bis heute keine Antwort gefunden.

Ist die EU gut beraten, auf die drohenden Strafzölle mit Gegenzöllen etwa für Jeans oder Motorräder aus den USA zu antworten?

Trittin: Das ist eher symbolischer Natur. Was tatsächlich weh tun würde, wäre wie gerade skizziert, dafür zu sorgen, dass die Wertschöpfung von US-Konzernen in Europa auch in Europa besteuert wird und nicht zuzuschauen, wie das Geld in die USA zurückfließt. Dafür muss sich Merkel stark machen.

Das würde aber doch nur eine weitere Eskalationsstufe im Handelsstreit mit den USA bedeuten.

Trittin: Kosten-Nutzen-Rechnungen sind die einzige Sprache, die Donald Trump versteht. Wenn jemand einen Handelskrieg androht und er mit gutem Zureden nicht davon abzubringen ist, dann muss man ihm zeigen, was das auch für ihn zur Folge haben kann. Vielleicht lenkt Trump dann ein.

Gäbe es auch Druckmittel, um Trump zur Beibehaltung des Atomabkommens mit dem Iran zu bewegen?

Trittin: Ich fürchte, dass die Messe hier gelesen ist und Trump hart bleiben wird. Also kann es nur noch um Schadensbegrenzung gehen. Das bedeutet, deutsche Unternehmen vor Sekundär-Sanktionen der USA zu schützen. Es muss Finanzgarantien geben für europäische Unternehmen, die nach europäischem Recht legale Geschäfte mit dem Iran machen. Das kann die EU selber tun. Nur so gibt es eine kleine Chance, den Iran im Abkommen zu halten.

Was passiert, wenn der Atomvertrag mit Teheran platzt?

Trrittin: Dazu gibt es eine Einschätzung des israelischen Geheimdienstes. Der sagt, dass der Iran bei einem Platzen des Atomabkommens nuklear aufrüsten würde. Mit der Folge, dass dann auch Saudi-Arabien atomar aufrüstet. Wir stehen dann vor einem nuklearen Wettrüsten mitten im Pulverfass des Nahen Ostens.

Im Nordkorea-Konflikt scheint Trump mit seiner Rambo-Manier aber Gutes bewirkt zu haben. Immerhin will Diktator Kim die Atomtestanlage des Landes im Mai schließen.

Trittin: Diese Beschreibung würde sich der südkoreanische Präsident sicher nicht zu eigen machen. Letztlich ist es so, dass der Druck aus China das Regime in Pjöngjang zum Einlenken bewegt hat. Diktator Kim hatte ökonomisch keine Chance.