Jugend: Keine Lust auf Politik?
Bankenverband warnt vor Unwissen. Ergebnisse umstritten.
Berlin. Jugendliche in Deutschland interessieren sich immer weniger für Politik und auch die Gemeinschaftswährung Euro löst bei den meisten wenig Begeisterung aus. Dies ergab eine Umfrage im Auftrag des Bankenverbands. „Wir müssen aufpassen, dass wir keine gesellschaftliche Vertrauenskrise bekommen und eine Generation von Euro-Skeptikern heranwächst“, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands, Michael Kemmer.
Die Zahl der 14- bis 24-Jährigen, die sich für Politik interessieren, ging laut der Bankenverband-Studie seit 2003 stetig zurück. Vor neun Jahren gaben noch 29 Prozent der Jugendlichen an, sich stark für Politik zu interessieren, 2012 waren es nur noch 19 Prozent.
Mehr als jeder zweite Jugendliche könne sich zudem eine Zukunft ohne den Euro vorstellen. Und das, obwohl die meisten der befragten 14- bis 24-Jährigen die D-Mark nur noch flüchtig kennen. An einen langfristigen Erfolg des Euros glauben sogar nur 42 Prozent. „Wir müssen den jungen Leuten die Vorteile des Euro erklären“, sagte Kemmer.
Das Wissen über Wirtschaftsthemen sei bei vielen ernüchternd. So wussten beispielsweise nur 27 Prozent der Befragten, dass die Europäische Zentralbank für die Sicherung der Preisstabilität in den Euro-Ländern verantwortlich ist. Um Wissen und Interesse zu steigern, fordert der Bankenverband, das Schulfach „Wirtschaft“ in die Unterrichtspläne aufzunehmen.
Doch andere Studien lieferten laut Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) ganz andere Ergebnisse. „Alle mir vorliegenden seriösen Studien weisen ein derzeit stark steigendes Politikinteresse Jugendlicher aus, vor allem bei bildungsaffinen und erfolgreichen Jugendlichen“, sagte bpb-Präsident Thomas Krüger. Einzig bei Bildungsbenachteiligten sinke das Interesse — das hänge beispielsweise mit der Ablehnung eines engen Politikbegriffs zusammen.
Die bpb veröffentlichte jüngst den Band „Unsichtbares Politikprogramm?“ zu Lebenswelten und politischem Interesse von bildungsfernen Jugendlichen. „Politisches Interesse und Potenzial schlummern in dieser Gruppe — wenn auch häufig unsichtbar“, heißt es dort. Viele Themen erreichten diese Jugendlichen, wenn sie einen Bezug zu deren Lebenswelten herstellten.