Bürgermeisterwahlen Kampf um die Chefsessel in NRW - ein Überblick
Am 13. September fällt in vielen Kommunen die Entscheidung, wer Bürgermeister, Oberbürgermeister oder Landrat wird. Wir nehmen die Chancen der Kandidaten aus unserer Region unter die Lupe. Fazit: Es wird einige Stichwahlen am 27. September geben.
Düsseldorf. Ob Wuppertal, Krefeld, Solingen oder der Oberbergische Kreis — die absolute Mehrheit im 1. Wahlgang scheint für die Bewerber eher unwahrscheinlich. Wer dann letztlich die Wahl gewinnt, wird in den nächsten fünf Jahren die Geschicke seines Beritts in die Hand nehmen.
In Wuppertal bemühen sich sieben Kandidaten um das Amt des Oberbürgermeisters. Aber Aussicht auf Erfolg haben nur Amtsträger Peter Jung (CDU) sowie Andreas Mucke (SPD) und als Außenseiter Marc Schulz (Grüne). Die restlichen Anwärter spielen keine große Rolle. Ihren Parteien kommt allenfalls im 2. Wahlgang eine Bedeutung zu. Gunhild Böth (Linke), Beate Petersen (parteilos für die Wählergemeinschaft WfW) sowie Björn Werner für die Satirepartei Die Partei sind im 1. Wahlgang ebenso chancenlos wie der Vertreter der ultrarechten Gruppierung pro Deutschland.
Dafür ist der Dreikampf in Wuppertal umso spannender. Denn Jung und Mucke entstammen im Prinzip demselben Lager: In Wuppertal wird der Rat seit zehn Jahren von einer Kooperation aus SPD und CDU regiert. Für den Herausforderer Mucke macht das den Wahlkampf schwierig. Er muss die politische Alternative zur Arbeit seiner eigenen Partei anbieten. Das gelingt ihm bisher leidlich.
Wesentlich einfacher hat es der Spitzenmann der Grünen, Marc Schulz. Der Fraktionsvorsitzende seiner Partei im Stadtrat und wissenschaftliche Mitarbeiter der Grünen im Landtag macht deshalb im Wettbewerb bisher einen starken Eindruck. Es ist zwar wenig wahrscheinlich, dass er den SPD-Kandidaten auf dem Weg in den 2. Wahlgang am 27. September abfangen kann, aber ganz unmöglich ist es nicht. Nicht nur in der Opposition, sondern auch in der Wuppertaler SPD sind viele der Zusammenarbeit im Rathaus überdrüssig.
Dass Amtsinhaber Peter Jung die Wahl im 1. Wahlgang für sich entscheiden kann, ist angesichts des Ergebnisses seiner CDU bei den Kommunalwahlen kaum zu erwarten, aber nicht unmöglich. Im Mai 2014 war die SPD mit knapp 1000 Stimmen mehr die stärkste Partei.
Oberbürgermeister Gregor Kathstede (CDU) tritt bei der Wahl nicht mehr an. Am 13. September können sich die Krefelder zwischen sechs Kandidaten entscheiden. Piraten, Die Partei und die Tierschutzpartei haben eigene Kandidaten aufgestellt, werden aber — so die allgemeine Erwartung — vor allem dazu beitragen, dass es eine Stichwahl zwei Wochen später gibt. Mit diesem zweiten Wahlgang rechnen in Krefeld viele.
Kaum jemand erwartet, dass Peter Vermeulen, der für die CDU auf Stimmenfang geht, oder Frank Meyer, der das gleiche für die SPD tut, im ersten Wahlgang eine absolute Mehrheit gewinnen werden. Mit Thorsten Hansen (Grüne) haben sie einen ernstzunehmenden Mitspieler, der ein klares Ziel formuliert: Hansen will in die Stichwahl. Schafft er das und zieht dann an dem CDU- oder SPD-Kandidaten vorbei, wäre das eine Sensation.
Seit 17 Jahren ist Herbert Napp (CDU) Bürgermeister von Neuss und damit dienstältester Verwaltungschef einer Großstadt in Deutschland. Berühmt wurde er allerdings durch seine trotzige Weigerung, auf das Rauchen in seinem Dienstzimmer zu verzichten. Am 13. September endet sein Mandat. Thomas Nickel (67, CDU), Versicherungsdirektor im Ruhestand und erster stellvertretender Bürgermeister der Stadt, ist einer von drei potenziellen Nachfolgern.
Ansprüche auf das Amt meldet auch Reiner Breuer (46, SPD) an. Der ist wie Nickel stellvertretender Bürgermeister und sitzt für die Sozialdemokraten im Landtag. Konkurrenz macht ihnen die Sozialarbeiterin und Grünen-Ratsfrau Susanne Benary-Höck (50). Weitere Kandidaten sind Klaus Brall (61) für die Zentrumspartei und Ahmet Tuzkaya (45) für das Bündnis für Innovation und Fortschritt.
Nach drei Amtszeiten geht Erkraths Bürgermeister Arno Werner (66, CDU) nach der Wahl in den Ruhestand. Sein Parteifreund und potenzieller Nachfolger Christoph Schultz ist gerade einmal halb so alt wie Werner. Schultz größtes Manko. Er ist in Erkrath kaum bekannt. Anders dagegen Detlef Ehlert (56). Der langjährige SPD-Fraktionsvorsitzende trat schon 2009 zur Wahl an - und verlor gegen Werner. Und auch Grünen-Kandidat Reinhard Knitsch (53) ist seit mehr als 20 Jahren Ratsmitglied.
Seit 2004 ist der parteilose Knut vom Bovert (65) Bürgermeister von Haan. Würde er wiedergewählt, wäre es seine dritte Amtszeit. Verhindern möchten das die parteilose Bettina Warnecke (41) für die CDU, Jörg Dürr (56) für die SPD, Meike Lukat (47) für die Wählergemeinschaft Lebenswertes Haan und die Einzelbewerberin Gabriele Haage (42).
Amtsinhaber Bernd Günther (64, CDU) tritt in Mettmann nicht wieder zur Wahl an. Um seine Nachfolge bewerben sich Norbert Danscheidt (59, CDU), Andrea Rottmann (59, SPD), sowie die beiden parteilosen Thomas Dinkelmann (55) und Ziad Moughrabi (41).
Die Menschen im Kreis Viersen sind aufgefordert, einen neuen Landrat zu wählen. Der bisherige Amtsinhaber Peter Ottmann geht in den Ruhestand. Favorit ist der bisherige Kreisdirektor Andreas Coenen (CDU), der sich Mitbewerbern von FDP (Wolfgang Lochner) und den Linken (Christoph Saßen gegenüber sieht. Die SPD hatte auf einen eigenen Kandidaten verzichtet.
Gewählt wird auch in der Gemeinde Grefrath. Dort tritt Bürgermeister Manfred Lommetz als unabhängiger Kandidat gegen CDU-Chefin Kirsten Peters und Sozialamtsleiter Volkmar Josten (unabhängig) an. Die SPD schickt wiederum keinen eigenen Kandidaten ins Rennen. Gleich sechs Kandidaten stehen auf der Bewerberliste für das Bürgermeisteramt in der Kreisstadt Viersen. Favorit dürfte Paul Schrömbges sein, der für die CDU ins Rennen geht. Chancen haben ferner Sabine Anemüller (SPD) und die Landtagsabgeordnete Martina Maaßen (Grüne). Als Unbekannte gilt die unabhängige Iris Kater.
Auch im westlichen Grenzland muss ein Bürgermeister gewählt werden, nämlich in der 16 000-Einwohner-Gemeinde Niederkrüchten. Hier stehen fünf Anwärter auf dem Wahlzettel. Amtsinhaber Herbert Winzen (parteilos) kandidiert nicht mehr. Um seine Nachfolge bewerben sich Bennet Gielen (CDU) und der Parteilose Kalle Wassong, denen die meisten Chancen eingeräumt werden. Für die SPD tritt Trudis Jans an, Parteilos ist Yvonne Jeurißen, und für die Linke geht Aljoscha Ortmann ins Rennen.
In Solingen wird es auf jeden Fall einen neuen Oberbürgermeister geben. Amtsinhaber Norbert Feith (CDU) stellt sich nicht wieder zur Wahl. Neben den beiden Kandidaten der großen Parteien, Frank Feller (CDU) und Tim Kurzbach (SPD/Grüne) stellen sich drei unabhängige Bewerber zur Wahl: der bislang wenig bekannte Hakan Canik, der Journalist Friedhelm Funk und der frühere Rockmusiker und Kinobetreiber Coco Teuber. Das Wählerpotenzial dieses Trios ist nur schwer abzuschätzen. Beobachter gehen davon aus, dass es ausreichen wird, Feller und Kurzbach in eine Stichwahl zu zwingen. Offen scheint aber zu sein, wer von diesen beiden am Ende das Rennen für sich entscheidet.
Bei der Landratswahl im Oberbergischen Kreis treten drei Kandidaten an. Der Jurist und aktuelle Kreisdirektor Jochen Hagt (57, CDU) möchte Nachfolger des bisherigen Amtsinhabers Hagen Jobi (CDU) werden, der sich nicht mehr bewirbt. Hagt wird unterstützt von CDU und FDP. Herausforderer ist Jörg Bukowski (41), der seit 2009 Bürgermeister der kreisangehörigen Gemeinde Morsbach ist. Der parteilose Kandidat wird unterstützt von SPD und Grünen.
Dritte Kandidatin ist die Diplom-Psychologin Ingeborg Mohr-Simeonidis (Die Linke), die allerdings chancenlos sein dürfte. Sie könnte mit ihren Stimmen aber dafür sorgen, dass Hagt und Bukowski in die Stichwahl müssen. Während Hagt im Wahlkampf die Erfolge der oberbergischen Kreisverwaltung hervorhebt, nimmt Bukowski die Kritik der kreisangehörigen Gemeinden auf, die mehr Einfluss einfordern.
Mit Ashock-Alexander Sridharan könnte in Bonn nach 21 Jahren, in denen die SPD den Oberbürgermeister stellte, erstmals wieder ein CDU-Mann das Amt des Verwaltungschefs übernehmen. Der 50-jährige Sridharan, Sohn eines indischen Diplomaten und einer Deutschen, ist Stadtkämmerer in der Nachbarstadt Königswinter und will vor allem den 1,7 Milliarden Euro schweren Schuldenberg der ehemaligen Hauptstadt abbauen.
Für die Sozialdemokraten geht der frühere Staatssekretär Peter Ruhenstroth-Bauer ins Rennen. Der 59-Jährige war unter Bundeskanzler Gerhard Schröder Vize-Regierungssprecher. Tom Schmidt (56, Grüne) ist mit Kommunalpolitik großgeworden — sein Vater war 20 Jahre lang Bürgermeister von Bad Driburg für die CDU. Seit 25 Jahren sitzt der bekennende Anhänger der Befreiungstheologie für die Grünen-Fraktion im Rat der Stadt.
Weitere Kandidaten sind Halduk Yildiz für das Bündnis für Innovation und Gerechtigkeit, Caroline Tepaß für Die Partei und der Einzelbewerber Matthias Pauqué.
Die OB-Wahl in Köln wurde wegen der Stimmzettel-Panne auf den 18. Oktober verschoben. Sieben Kandidaten treten an. Erwartet wird ein spannendes Rennen zwischen dem Kölner SPD-Vorsitzenden und Landtagsabgeordneten Jochen Ott (41) und der parteilosen Sozialdezernentin Henriette Reker (59), die von der CDU, der FDP und den Grünen als Kandidatin um die Nachfolge des aus dem Amt scheidenden OB Jürgen Roters (SPD) nominiert wurde.
Ott ist seit 1992 in der SPD, von Beruf Lehrer und dreifacher Familienvater. Reker ist Juristin und mit einem australischen Golfprofi verheiratet. Sie wäre die erste Frau an der Spitze der Domstadt. Während die AfD mit einem eigenen Kandidaten antritt, hat die Linke darauf verzichtet. Wohin ihre Wähler tendieren, könnte beim Wahlausgang spannend werden.
Zu den Exoten im Wahlkampf gehört Fernsehstar und Kriminalbiologe Mark Benecke (Die Partei), der auch als „Dr. Made“ bekannt wurde.